Bäckerei 4.0: Digitalisierung verändert die Backbranche

Südback: „Analoges“ Bäckerhandwerk wird zum Auslaufmodell

Digitalisierung

„Industrie 4.0“, die interaktive Kommunikation semiautonomer Maschinen, hört sich für viele immer noch nach Zukunftsmusik an. Dabei ist die elektronische Welt bereits in den Unternehmen angekommen. Im Backhandwerk ist hier noch „Luft nach oben“: Laut Bundeswirtschaftsministerium ist im Mittelstand die Produktion etwa je zu einem Drittel vollständig, teilweise oder noch gar nicht vernetzt. Dass sich das Nahrungsmittelhandwerk der Digitalisierung nicht verschließt, beweist die Fachmesse Südback 2019, die vom 21. bis 24. September in Stuttgart stattfindet.

Aussteller zeigen dort interessante Digitallösungen in allen relevanten Anwendungsbereichen - für Großbetriebe, aber genauso auch für kleine und mittlere Bäckereien und Konditoreien. In der Backstube kann von der Rezeptur über die Kältesteuerung bis zum Backvorgang nahezu jeder Arbeitsbereich automatisiert und vernetzt werden. Im Verkauf lassen sich zum Beispiel Warenmengen nachfragegerecht steuern, so dass die Retourenquote nachhaltig sinkt oder Sonderangebote werden per Internetanbindung aus der Zentrale auf Knopfdruck angepasst, sogar mehrfach am Tag.

Besonders sinnvoll wird Digitalisierung, wenn sie den bisher in analoger Form sehr hohen Arbeitsaufwand verringern. Als Klassiker gilt hier das Hygienemanagement. Die Vielzahl der zu führenden Listen, Dokumentationen der Fortschritte und Ergebnisse, Einstiegs- und Wiederholungsschulungen, all das lässt sich nun in einer App erstellen, erledigen und verwalten. Die cloudbasierte Anwendung wurde gezielt für Bäckereien und Konditoreien entwickelt und ermöglicht die digitale Transformation von analogen Prozessen. Der Entwickler, die Renosan Chemie & Technik GmbH aus München, wurde mit dieser App Südback-Trend-Award-Gewinner 2019. Renosan-Geschäftsführer Florian Schmid beschreibt den langfristigen Nutzwert der Digitalisierung: „Profitieren werden diejenigen Betriebe, die am besten in der Lage sind, greifbare Vorteile aus Technologien zu ziehen, ohne dass dadurch ihr Betrieb komplexer wird.“

Unter dieser Prämisse setzen sich auch in anderen Bereichen, zum Beispiel im Ofenbau und bei Kälteanlagen, zunehmend Online-Services durch. Leitungsgebundene Fernwartung ist vielfach schon Standard. Jetzt ermöglicht das Auslesen von Betriebs- und Verbrauchsdaten in Echtzeit dem Bäckerunternehmer genaue Analysen, etwa zur Energieeffizienz, Steuerung, Wartung oder Fehlerbehebung, ebenso das Aufspielen von Software-Updates, selbst die Vernetzung von Öfen – all das wird zukünftig in der „Bäckerei 4.0“ Alltag werden.

Überhaupt haben sich viele Aussteller Gedanken über die umfassende Datenanalyse durch die Verknüpfung unterschiedlicher Anwendungen gemacht. So präsentieren die drei IT-Spezialisten Comp Data, KMZ und Optimo Bercher in einem gemeinsamen Kompetenzforum, wie sich die Daten aus Kassen, Filialen, Warenwirtschaft, Zeitwirtschaft, Personalwirtschaft und Finanzbuchhaltung analysieren und daraus Handlungsempfehlungen ableiten lassen. Sie sind überzeugt, dass die Zeiten digitaler Insellösungen vorbei sind. Auch Martin Reinhardt, Landesinnungsmeister des Württembergischen Bäckerhandwerks, das ideeller Partner der Südback ist, sieht bei der Digitalisierung im Bäckerhandwerk eine positive Tendenz, und das seit Jahren. Das Interesse in der Branche wachse stetig. Eine Abhängigkeit von der Betriebsgröße hat er bisher nicht festgestellt. „Spätestens, wenn in der Backstube, im Verkauf oder auch im Büro Neuinvestitionen anstehen, nehmen die Kollegen die modernste Technik mit“, so Reinhardt.