Zillertaler stellt auf nachhaltiges Bierbrauen um

Energieeinsparung von 15 Prozent im gesamten Sudprozess erwartet

Maischebottiche

Seit dem Jahr 1500 ist das Braurecht der Zillertal Bier GmbH verbrieft. Und seit Mitte 2013 braut sie in Zell am Ziller nur noch in ihrem neu gebauten Steinecker Sudhaus. Der Brauereineubau enthält ein Sechs-Geräte-Sudwerk, das vor allem Dank des Equitherm Energiespeichersystems durch niedrigste Energieverbrauchswerte besticht und damit ganz im Sinne der Inhaberfamilie ein nachhaltiges Bierbrauen ermöglicht.

Der erste Sud wurde im Dezember 2012 eingebraut. Um das neue Sudhaus schonend einzufahren, gab es bis Mitte 2013 einen Parallelbetrieb mit dem alten Sudhaus. Seit dem Mai 2013 ist der Braubetrieb vollständig auf das neue Sudhaus umgestellt. „Wir verstehen uns als regionale Brauerei, liefern unsere Bierspezialitäten im Umkreis von 100 Kilometern aus. 85 Prozent unseres Absatzes von 60.000 Hektolitern gehen in die Gastronomie, zwei Drittel füllen wir in Fässer, ein Drittel in Mehrwegflaschen. Aufgrund dieses regionalen Bezugs bedienen wir uns auf der Rohstoffseite beim Getreide ausschließlich in Österreich. Gerste und Weizen werden ebenfalls in Österreich vermälzt“, betont Inhaber Martin Lechner. „Wir setzen nur feinsten Aromahopfen ein, auch hier beziehen wir 80 Prozent unseres Bedarfs aus dem österreichischen Hopfenanbaugebiet im Mühlviertel. Und als Brauwasser steht uns kristallklares, nicht aufbereitetes Quellwasser aus den umliegenden Bergen zur Verfügung.“

Mit dem neuen Steinecker Sudhaus versucht die Brauerei auch einen ökologischen Beitrag zu leisten, indem sie auf Sicht ein CO2-neutraler Betrieb wird. Lechner fügt hinzu: „Letztendlich haben wir uns auch deshalb für das Equitherm System entschieden, damit wir deutlich weniger Energie verbrauchen als im konventionellen Betrieb.“

Bierausbau in Holzfässern
„Die Zukunft liegt unserer Meinung nach in der Individualität, in Spezialitäten. So können wir das Image und die Wertigkeit des Biers steigern. Das muss die Aufgabe aller Brauereien sein, Wert zu generieren.“ Die neuen Spezialbiere firmieren ebenfalls unter Zillertal Bier, weil sich die konventionellen Sorten und die Spezialbiersorten gegenseitig stärken sollen. Momentan experimentiert die Brauerei mit einem Stoff, der nicht im Reinheitsgebot erwähnt wird – mit Holz. Die im Kleinsudhaus eingebrauten und vergorenen Biere werden in verschiedenen Holzfässern über mehrere Wochen und Monate eingelagert. „Wir haben derzeit Fässer mit zwölf unterschiedlichen Vorbelegungen, also beispielsweise Scotch-, Rotwein-, Chablis-, Sherry-, Bourbon-Fässer, aber auch neue Eichenfässer aus dem Limousin. Darin haben wir jeweils das gleiche Bier eingelagert und beobachten, wie es sich entwickelt. Da gibt es Bier in Fässern, die in der Nase sehr interessant, aber dann beim Trinken kein Genuss sind. Das ist alles sehr aufwendig, aber spannend“, schwärmt Martin Lechner. Nächster Schritt wird die Verwendung von neuen Getreidesorten sein und vor allem Versuche mit der amerikanischen Aromahopfensorte Cascade, angebaut natürlich im österreichischen Mühlenviertel.

Das neue Steinecker Sudhaus auf drei Etagen
Das Sudwerk ist auf drei Ebenen aufgebaut, die alle von außen durch eine durchgängige Glasfront einsehbar sind. Im Erdgeschoss befindet sich die Bedienebene. Hier sind neben den Unterbauten von Vorlaufgefäß, Würzepfanne, Läuterbottich und Whirlpool unter anderem auch die Variomill Nassschrotmühle, ein Trubgefäß, die biologische Sauergutgabe sowie vier Hopfengabebehälter untergebracht.

Außerdem arbeitet auf dieser Ebene die CIP-Anlage, die für die automatische Reinigung der Gefäße und Leitungswege sorgt.

Ein Stockwerk darüber stehen Vorlaufgefäß, Würzepfanne, Läuterbottich und Whirlpool. Hier sind auch die Equitherm Anlage sowie der Pfannendunstkondensator der Würzepfanne installiert. Weil Zillertal Bier neben Infusions- auch Dekoktionsmaischverfahren anwendet, nutzt die Brauerei zwei Maischebottiche Shakesbeer Ecoplus. Diese beiden Edelstahlbehälter sind noch ein Stockwerk höher aufgestellt. Grund dafür: Bis Mitte 2015 plant Zillertal Bier den Ausbau eines Besucherzentrums in der Brauerei. Im zweiten Stockwerk soll der Verkostungsraum eingerichtet werden, „da sollte für die Besucher etwas vom Sudhaus spürbar sein“, meint Inhaber Martin Lechner.

Optimale Energieausbeute
Die Equitherm Energieschaukel umfasst drei einzelne Prozesseinheiten, die miteinander gekoppelt sind: den Maischebottich Shakesbeer Ecoplus, einen Energiespeichertank mit Schichtladelanze sowie den Würzekühler. Eine Besonderheit ist seine strukturierte Heizfläche. Diese verstärkt die Wärmeübertragung und ermöglicht es, die Maische „nur“ mit Heißwasser anstatt mit Dampf zu erhitzen. Der Wärmestrom wird durch ein Gegenstrom-Wärmetauscherprinzip erhöht, das Heißwasser strömt entgegen der Haupt-Strömungsrichtung der Maische. Das turbulente Strömungsbild der Maische an der Heizfläche verbessert den Wärmeübergang drastisch und ermöglicht dadurch die Niedertemperatur-Beheizung. Auch brautechnologisch ist das von Vorteil: Die niedrige Temperatur des Heizmittels in Verbindung mit turbulenter und schneller Wärmeabfuhr von den Heizflächen bewirkt einen hohen Wärmestrom und verhindert gleichzeitig ein Fouling. Diese niedrigen Heizmitteltemperaturen sind besonders schonend für die Enzyme, wobei die Maische eine wesentlich geringere thermische Belastung erfährt, was die Maischequalität letztlich verbessert.

Der Würzekühler entzieht der heißen Würze in der ersten Stufe Wärme auf hohem Temperaturniveau. Diese wird im Energiespeicher zwischengelagert. In der zweiten Stufe kühlt er die Würze auf Anstelltemperatur und erzeugt dadurch wie gewohnt warmes Brauwasser. Der Energiespeichertank lässt sich für Maische- und Läuterwürzeerhitzung gemeinsam nutzen. Seine spezielle Konstruktion garantiert dabei eine optimale Energieausbeute. Eine neuartige Schichtladelanze ermöglicht ein temperaturabhängiges Einschichten des Wassers – mit minimaler Vermischung der Temperaturzonen.

Equitherm verhindert Warmwasserüberschuss
Mit Equitherm steht erstmals ein Konzept zur Verfügung, bei dem es keinen Warmwasserüberschuss im Sudhaus mehr gibt. Überschüssige Brüdenenergie lässt sich dem Energiespeicherkreislauf zuführen und so effektiv nutzen. Auch die Menge an Abwasser wird dadurch deutlich reduziert. Das System erzielt sowohl bei Infusion als auch bei Dekoktion enorme Einsparungen. Gegenüber einem konventionellen Verfahren ergeben sich Einsparungen bezogen auf die Kaltwürze von über 30 Prozent Wärme und über 34 Prozent Strom. Es stellt bis zu 100 Prozent der thermischen Energie für den Maischprozess bereit und trägt damit auch zur Verringerung der Lastspitzen am Heizkessel bei. Da sich der effektive Energiepreis immer mehr nach der Spitzenlast richtet, kann mit Equitherm eine Lastspitzenreduktion bei der Dampferzeugung um bis zu 27 Prozent erreicht werden. Der massiv verringerte Energie- und Medienverbrauch führt zu einer ebenso Ressourcen schonenden wie emissionsarmen Produktion und wirkt sich dadurch positiv auf die Umwelt und die Produktionskosten aus.

Variable Ausschlagmenge
Was hat sich mit dem neuen Sudhaus gegenüber der alten Braustätte für Braumeister Peter Kaufmann verändert? „Nach wie vor arbeiten wir mit einem Innenkocher, das war uns wichtig. Neu ist das sechste Gefäß, das Vorlaufgefäß, hier haben wir früher einen liegenden Tank genutzt. Auch das vierte Hopfengabegefäß setzen wir erstmals ein. Das macht uns flexibler, den Hopfen zum Beispiel beim Pils zu verschiedenen Zeitpunkten zu geben. Außerdem wollten wir weg von der technischen Säuerung. Die biologische Säuerung, die wir jetzt verwenden, macht die Biere runder und harmonischer.“

Das vollautomatisierte Sudhaus, bei dem sich die manuellen Tätigkeiten auf das Hopfenvorlegen der Pellets und die Laborarbeiten beschränken, ist ausgelegt auf zehn Sude pro Tag. „Die Variabilität der Ausschlagmenge des Sudhauses von 85 bis 125 Hektoliter erlaubt es uns, auch Spezialbiere mit hoher Schüttung zu produzieren. Wenn wir die maximale Schüttung im Läuterbottich nutzen, können wir Biere bis 22/23 Grad Plato Stammwürze mit reiner Malzmaische fahren“, zeigt sich Peter Kaufmann begeistert. Im Sudhaus werden jetzt zehn Sorten Bier eingebraut und daraus 13 verschiedene Biersorten und Biermischgetränke hergestellt, darunter Pils, Weißbier, dunkles Weißbier, Märzen, Dunkles und Schwarzes. „Auch durch die unterschiedliche Belegung der zwei Maischegefäße sind wir sehr flexibel in Hinblick auf Stammwürzegehalt, Hektolitermenge und Hopfengabe.“

Einsparpotentiale: 230 Kilowatt und 20 Hektoliter Eiswasser für Gesamtersparnis von 15 Prozent
Das alte Sudhaus bot acht Sude pro Tag mit 90 Hektoliter Ausschlagwürze, hatte einen Pfannendunstkondensator, aber keine weitere Möglichkeiten der Energieeinsparung. Markant fällt auch der Unterschied in der Verdampfungsrate aus: Waren es früher acht Prozent, so müssen jetzt nur noch vier Prozent verdampft werden. Auch die Reinigung ist deutlich komfortabler geworden. Sie geschieht nun vollautomatisch über einen CIP-Verteiler, nicht mehr wie früher über Paneel-Technik mit Bogenverstellung. „Insgesamt benötigen wir natürlich mit dem Energiespeichersystem Equitherm viel weniger Energie. Wir können die Maischegefäße sowohl mit Dampf beheizen, was wir für das Dekoktionsverfahren benötigen, um die entsprechenden Temperaturen zu erreichen, oder mit Heißwasser aus dem Equitherm. Rund 230 Kilowatt werden dann pro Sud vom Würzekühler ins Energiespeichersystem gespeist. Außerdem sparen wir 20 Hektoliter Eiswasser pro Sud ein. Im gesamten Sudprozess erwarten wir eine Energieeinsparung von 15 Prozent“, erklärt Peter Kaufmann.