Business-Lunch mit dem BDSI-Vorsitzenden Stephan Nießner

Vier Gänge mit fünf Fragen

Stephan Nießner

Anfang Juni wurde Stephan Nießner, Mitglied der Geschäftsleitung von Ferrero Deutschland, zum Vorsitzenden des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) gewählt.

In einem Vier-Gänge-Gespräch verrät uns der neugewählte Kapitän der Süßwarenwelt, wie er die aktuelle Marktsituation und die Herausforderungen dieser Zeit beurteilt.

1. Amuse Gueule
LMV-online.de: Herr Nießner, wir gratulieren Ihnen zu Ihrem neuen Amt beim BDSI. Sie folgen auf Herrn Dr. Kendziur, der zum Ehrenvorsitzenden des BDSI gewählt wurde. Hat er Ihnen bei seiner Verabschiedung noch etwas auf den Weg gegeben, wenn ja, was?

Von Herrn Dr. Kendziur habe ich den Vorsitz eines modernen, hoch angesehenen und sehr professionell geführten Verbandes übernehmen dürfen. Herr Dr. Kendziur war immer ein engagierter Befürworter von unternehmerischer Freiheit. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Süßwarenindustrie nicht nur heute, sondern auch für die Zukunft zu sichern, darf kein Unternehmer gleichgültig werden gegenüber immer neuen Versuchen staatlicher Bevormundung ohne hinreichende wissenschaftliche Basis. Dies sehe auch ich als eine Kernaufgabe meines neuen Amtes an.

2. Vorspeise
LMV-online.de: Die Süßwarenindustrie sieht sich aktuell mit einigen Kritikpunkten konfrontiert, beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit in der Rohstofferzeugung oder der Einsatz von Palmöl. Welchen großen Herausforderungen sollte sich die Branche Ihrer Meinung nach vorrangig widmen?

Die Themen Rohstoffbeschaffung bzw. Rohstoffsicherung und Nachhaltigkeit gehören ohne Zweifel zu den wichtigsten Herausforderungen für unsere Branche. Für die deutsche Süßwarenindustrie ist ein verantwortungsvoller und schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen eine wichtige Säule, um die Lebensgrundlage künftiger Generationen zu erhalten. Nachhaltigkeit ist ein Teil der Unternehmenskultur und Unternehmenspolitik geworden.

Hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang das seit vielen Jahren intensiv wahrgenommene Engagement des BDSI und seiner Mitglieder für einen nachhaltigen Kakaoanbau. Deutlich verstärkt und erweitert wurde dieses Engagement durch die ambitionierte Nachhaltigkeitserklärung des BDSI vom Frühjahr 2012. In dieser empfiehlt der BDSI seinen Mitgliedern, den Anteil von nachhaltig erzeugtem Kakao in Süßwaren in den nächsten Jahren deutlich zu erhöhen. Zudem ist der BDSI Gründungsmitglied des „Forums Nachhaltiger Kakao“, der Plattform in Deutschland für alle an der Wertschöpfungskette von Kakao Beteiligten. Weiterhin arbeitet der BDSI aktiv an der Erarbeitung einer europäischen Norm zur Nachhaltigkeit von Kakao und dessen Rückverfolgbarkeit mit.

Auch die Forderung nach einer signifikanten Erhöhung der Produktion von nachhaltig zertifiziertem Palmöl unterstützt der BDSI. Daher empfiehlt er seinen Mitgliedern, nach den Kriterien des Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) zertifiziertes Palmöl zu beziehen.

Auf meiner Agenda als neuer BDSI-Vorsitzender stehen aber natürlich auch die vielfältigen Themen der Ernährungspolitik. Die deutsche Süßwarenindustrie spricht sich gegen jede Art von ideologisch motivierten Eingriffen in den Markt und staatliche Lenkung des Verbraucherverhaltens aus. Staatliche Regelungen dürfen keinen Selbstzweck darstellen, vielmehr muss deren Notwendigkeit sachlich fundiert und wissenschaftlich abgesichert sein. Hier wünsche ich mir eine Politik mit Augenmaß.

3. Zwischengang
LMV-online.de: Wo sehen Sie aktuelle Trends oder Produktbereiche in der Süßwarenindustrie mit besonders starkem Wachstumspotential für den deutschen Markt?

Zu den Trends im Süßwarenmarkt zählen nach meiner Einschätzung vor allem Produkte für Verbraucher mit besonderen Bedürfnissen. Hierzu gehören beispielsweise gluten- oder laktosefreie Süßwaren oder solche, die für vegetarische oder vegane Ernährung geeignet sind. Auch der Trend zum Einsatz nachhaltig erzeugter Rohstoffe in Süßwaren wird von der Branche weiter vorangetrieben.

Die deutsche Süßwarenindustrie zählt zu den besonders innovationsfreudigen Branchen und bietet Produkte für jeden Geschmack an. Gerade bei den Knabberartikeln gab es in den letzten Jahren sehr erfolgreiche neue Geschmacksrichtungen wie Wasabi und Co. Nach wie vor erfreuen sich jedoch auch klassische Sorten wie Paprikachips oder Erdnussflips ungebrochener Beliebtheit. Bereits mehrere Jahre in Folge konnten die Hersteller von Knabberartikeln eine ausgesprochen positive Entwicklung verzeichnen.

4. Hauptgang
LMV-online.de: Derzeit wird in verschiedenen Gremien in Europa über eine Verlängerung der Zuckerquote diskutiert. Inwieweit belastet die Zuckerquote die deutschen Hersteller von Süßwaren und welche weiteren Schritte beabsichtigen Sie gegen die EU-Quote?

Die über 200 Unternehmen der deutschen Süßwarenindustrie setzen ihre Hoffnung darauf, dass sich EU-Ministerrat, EU-Kommission und EU-Parlament in den nun anstehenden Trilog-Verhandlungen auf ein zügiges Auslaufen der umstrittenen Zuckerquote einigen.

Die EU-Zuckerquote führt zu einer permanenten künstlichen Verknappung des Rohstoffes Zucker. Seit Herbst 2011 stieg das Niveau des EU-Zuckerpreises für die zuckerverarbeitende Lebensmittelindustrie um bis zu 50 %. Wettbewerber am Weltmarkt können Zucker (ohne Transportkosten) mittlerweile rund zur Hälfte des durchschnittlichen europäischen Zuckerpreises beziehen. Besonders kleinere und mittelständische Unternehmen kommen dabei in Schwierigkeiten.

Die derzeitige Quotenregelung und Abschottung des europäischen Marktes nach außen ist kein Garant für Versorgungssicherheit in der EU. In Engpasssituationen gibt es zu den Lieferanten der europäischen Zuckerindustrie keine Alternative, nicht zuletzt wegen des exorbitant hohen regulären Außenschutzes für Zucker. Zusätzliche Mengen lassen sich am europäischen Zuckermarkt wegen der Quote erst recht nicht beschaffen. Insbesondere exportorientierte mittelständische Unternehmen der Süßwarenindustrie klagen über entgangene Wachstumschancen wegen der unsicheren Versorgungslage bei Zucker.

Ziel des BDSI ist ein wettbewerbsorientierter Zuckermarkt, der Planungssicherheit und eine langfristige Versorgungssicherheit für die europäischen Zuckerverwender und Verbraucher zu wettbewerbsfähigen Preisen schafft. Die Süßwarenindustrie kann ihr Geschäft nicht permanent auf Notmaßnahmen der EU-Kommission aufbauen. Die Quote passt nicht mehr in die Zeit und muss schnellstmöglich abgeschafft werden.

5. Dessert
LMV-online.de: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Welchen Nachtisch (gerne Süßspeise) würden Sie sich jetzt wünschen?

Nachdem wir in diesem Jahr besonders lange auf sommerliche Temperaturen warten mussten, würde ich mir heute ein leckeres Eis wünschen!

Herzlichen Dank für das Gespräch.
 

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