DLG-Food Industry: Mehr Sicherheit und Transparenz mit Blockchain

Eröffnung der Online-Fachkonferenz durch Bundesministerin Julia Klöckner

Digitale Transformation der Food Supply Chain mit Fokus auf Blockchain und Cybersecurity

Blockchain und Cybersecurity spielen in einer zunehmend vernetzten und digitalisierten Welt eine immer wichtigere Rolle. Deshalb stellte die DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) die beiden Top-Themen in den Mittelpunkt ihres diesjährigen Zukunftsforums „DLG-Food Industry: Digitale Transformation der Food Supply Chain“, das letzte Woche zu Ende ging. Schirmherrin Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, eröffnete die digitale Fachkonferenz. Verteilt auf vier Nachmittage haben sich rund 200 Teilnehmer in acht Online-Sessions kompakt und praxisnah über Chancen und Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung in der Wertschöpfungskette informiert. Der „Innovation Talk“ wurde zum regen Erfahrungsaustausch zwischen Teilnehmern und Referenten genutzt.

Die Blockchain oder Distributed Ledger Technologie (DLT) hat sich von ihrem Start als unabhängiger Wertespeicher für Kryptowährungen zu einer ernstzunehmenden Basistechnologie für industrielle Anwendungen entwickelt. Auch erste Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie und dem Einzelhandel nutzen hierzulande Blockchain, um Lebensmittelsicherheit und Rückverfolgbarkeit in ihren komplexen  Lieferketten zu optimieren. Denn Blockchain entfaltet ihre Stärke nur in einem multipolaren Umfeld. „Eine Blockchain gilt als absolut fälschungssichere Datenablage. Mit ihrer Hilfe kann Vertrauen durch Transparenz geschaffen werden - innerhalb der Lieferketten, aber auch für den Verbraucher“, so Hans-Dieter Philipowski, Präsident des Enfit e.V., über erste Erfahrungen aus dem Innovationsprojekt Enfit B2B Blockchain.

Blockchain und Cybersicherheit

Blockchain ist ein dezentrales Protokoll für Transaktionen zwischen unterschiedlichen Akteuren, das jede Veränderung transparent macht. Die einzelnen Datensätze (Blöcke) sind absolut manipulationssicher miteinander verkettet durch sogenannte kryptografische Verfahren; sie können jederzeit erweitert werden. Spätere Transaktionen bauen auf früheren auf, so dass eine Block-Kette, die Blockchain, entsteht. Das Netzwerk authentifiziert Block für Block die hinterlegten Informationen und teilt die Authentifizierung im Netzwerk. Soll etwas verändert werden, muss die Mehrheit der Netzwerk-Teilnehmer  zustimmen. „Dies verhindert Fälschungen und schafft eine lückenlose Dokumentation“, erläuterte Prof. Dr. Ulrike Lechner, Universität der Bundeswehr München und Vertreterin des Projekts „Nutrisafe“, das die Veranstaltung als Premium-Sponsor unterstützte. Die Wirtschaftsinformatikerin will mit ihrem Forschungsprojekt NutriSafe in Erfahrung bringen, wie Blockchain-Technologie auch für kleine und mittelständische Unternehmen nutzbar gemacht werden kann. Sie ist davon überzeugt, dass sich langfristig kein Unternehmen der Lebensmittelbranche gegen die Distributed Ledger Technologie verschließen kann. Unternehmen müssen die Chance ergreifen, sich mit Hilfe von innovativen Technologien wettbewerbsfähig für die Zukunft aufzustellen. Angesichts einer sich stetig verschärfenden Bedrohungslage durch kriminelle Akteure werden gerade auch für die systemrelevante Ernährungswirtschaft schlagkräftige Sicherheitskonzepte immer wichtiger.

Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft sind die neuen Ziele professioneller Hacker-Angriffe. Deutlich wurde, dass die Food Supply Chain durch ihre Kettenorganisation besonders anfällig für Cyber-Angriffe ist. Denn vom Erzeuger bis zum Verbraucher treffen unterschiedlichste Niveaus von Cybersicherheit aufeinander. Das Problem ist, dass jedes Glied der Kette nur seine eigene Cybersicherheit gewährleistet. Fällt ein Glied aus, ist die gesamte Kette in Gefahr. „Die Supply Chain führt zu einer Konzentrierung der Risiken“, betonte Simone Schiller, Geschäftsführerin des DLG-Fachzentrums Lebensmittel. Unternehmen müssen sich deshalb intensiv damit beschäftigen, die eigene Cyber-Resilienz zu erhöhen, damit im Krisenfall jede mögliche Folge eines Angriffs professionell gemanagt werden kann. Wichtig ist, dass alle Dienstleister denselben Grad von Cybersicherheit besitzen wie das Unternehmen selbst. Denn in der Food Supply Chain wird immer das schwächste Glied zuerst angegriffen!

Dezentrale Struktur als Vorteil

Im Vergleich zu klassischen Lieferketten besitzt die Blockchain vor allem den Vorteil einer dezentralen Struktur, das heißt, das System verteilt sich auf mehrere Stellen und es bedarf keiner (zentralen) Kontrollinstanz. „Blockchain verlagert Vertrauen von einer Zentralinstanz in eine Technologie“, bringt es Prof. Dr. Katharina Riehn, Vorsitzende des DLG-Fachzentrums Lebensmittel, auf den Punkt. Alle Teilnehmer der Kette haben gleiche Rechte und Pflichten und können Informationen in Echtzeit einsehen. Die Nutzung von Blockchain allein löst aber nicht alle IT-Sicherheitsprobleme: Bekannte Probleme, wie etwa die Sicherheit von Hard- und Software, bleiben bestehen.

Die DLG-Food Industry verdeutlichte, dass sich Politik und (Lebensmittel-)Wirtschaft aktuell sehr intensiv mit den Herausforderungen und Potenzialen der Digitalisierung beschäftigen. Entwicklungen im Kontext der Blockchain-Technologie werden großen Einfluss auf die Gestaltung und Durchführung digitaler Geschäftsprozesse haben und damit auch auf gesellschaftliche Entwicklungen. Deutlich wurde zudem, dass es in Zukunft nicht nur die „eine Blockchain“ geben wird. Es werden mehrere, unterschiedliche Systeme parallel nebeneinander existieren. Jedes mit speziellem Fokus (etwa auf bestimmte Branchen) oder spezielle Funktionen (Schnelligkeit, Sicherheit etc.). Neue Dienstleister werden diese Infrastrukturen managen bzw. bereitstellen. Damit wird die Nutzung einer Blockchain künftig so einfach wie die Anbindung an einen Cloud-Dienstleister. Grundsätzlich sind Blockchains robuster gegenüber Hacker-Angriffen als klassische, zentrale Datenbanken. Die Nutzung von Blockchain allein löst aber nicht alle IT-Sicherheitsprobleme eines Unternehmens.

Start-up Pitch

Abgerundet wurde die Online-Fachkonferenz durch zahlreiche Networking-Elemente und einen Start-up Pitch für die Lebensmittel- und Zulieferindustrie, in dem sechs Gründer ihre innovativen Geschäftsideen entlang der Food Supply Chain vorstellten. In der Kategorie „Food“ setzte sich Oceanfruit aus Berlin durch. In der Kategorie „Food Technology“ konnte das Projekt „Mein Schlemmerdepot“ von Fleischermeister Daniel Kropp aus Schöneck-Kilianstädten überzeugen. Die Start-ups wurden mit dem „DLG-Innovation Spotlight 2020“ ausgezeichnet und erhielten jeweils ein Preisgeld von 2.000 Euro. Die nächste DLG-Food Industry: Digitale Transformation der Food Supply Chain findet am 1. und 2. Dezember 2021 im Spreespeicher in Berlin statt.