Business Lunch mit Marcel Kiessling von Gerhard Schubert

Vier Gänge mit fünf Fragen

Marcel Kiessling, Geschäftsführer Gerhard Schubert

Die Interpack sollte 2020 das Highlight für die Verpackungsbranche werden. Covid19 hat allen Großveranstaltungen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auch der Verpackungsautomatisierer Gerhard Schubert wollte die Messe für die Vorstellung eines neuen, kooperativen Roboters speziell für den Einsatz in der Verpackungsindustrie nutzen. Geschäftsführer Marcel Kiessling sprach mit lebensmittelverarbeitung-online.de über die aktuelle Entwicklung, den Cobot „Tog.519“, die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Lebensmittelindustrie und die wachsende Dynamik der wechselnden Verbraucherbedürfnisse.

1. Amuse-Gueule
LMV-online.de: Herr Kiessling, was gibt es Neues bei Gerhard Schubert?

Wir haben 2019 ein gutes Jahr mit vielen Aktivitäten in unterschiedlichen Bereichen absolviert. So wurde unter anderem das Tochterunternehmen Schubert Additive Solutions für 3D-Beratungsleistungen sowie alle Lösungen rund um 3D-Druck gegründet. Zudem blicken wir auf ein erfolgreiches erstes Jahr mit Lightline. Das ist unser junges Maschinenprogramm für Standardanwendungen, die deutlich kostengünstiger und schneller lieferbar sind.

Das Thema Internationalisierung haben wir weiter vorangetrieben. In China wurde mit Schubert Robotics Shanghai ein Unternehmen ins Leben gerufen, das uns als Vertriebs- und Servicestützpunkt für den chinesischen Markt dient. Langfristig gehen wir davon aus, dass China und andere asiatische Länder die gleiche Bedeutung für Automatisierung bekommen werden, wie Zentraleuropa oder Nordamerika. Außerdem haben wir den Service deutlich ausgebaut, weil wir hier schneller und leistungsfähiger werden wollen. Die Mitarbeiterzahl ist in diesem Bereich um 30 Prozent gewachsen. Das war ein wichtiger Schritt für uns.

Enorm wichtig sind Innovationen für Schubert. Diese treiben wir anwendungsbezogen voran. Das geschieht häufig auf Kundenwunsch, um Produktions- oder Verpackungsprozesse zu automatisieren. Ein Beispiel ist eine neuartige, kombinierte Abfüll- und Verpackungsmaschine, die Primär-, Sekundär- und Tertiärverpackung auf einer Maschine ermöglicht. Das gibt es so in dieser Art nirgends.

2. Vorspeise:
LMV-online.de: Kurz nach Ihrem Antritt haben Sie gesagt, dass Sie Ihren Beitrag leisten möchten, um Schubert weiterzuentwickeln. Wachstum sei dabei das A und O. Wie geht es dem Unternehmen heute?

Ich denke, wir sind im Team gemeinsam einen Schritt weiter als vor drei Jahren, als ich angetreten bin. 2019 haben wir ein weiteres Rekordjahr mit zweistelligem Wachstum bei den Aufträgen verzeichnet. Für uns war der Ausbau des nordamerikanischen Marktes sehr wichtig. Da haben wir kräftig investiert und arbeiten mit einer neuen Führungsmannschaft. Das Vertriebs- und Service-Team wurde deutlich ausgebaut. Mit den Standorten in Charlotte, Dallas und dem kanadischen Mississauga decken wir den nordamerikanischen Markt wirklich gut ab. Wir wollten die Bekanntheit in den letzten drei Jahren deutlich steigern. Das haben wir geschafft. 2019 konnten wir in der Region 75 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften, das macht ungefähr ein Drittel unserer Gesamtleistung aus. Auch der Service wächst kontinuierlich.

Gerhard Schubert ist dafür bekannt, dass wir sehr komplexe Dinge im Hochleistungsbereich wie Turn-Key-Projekte realisieren. Vergangenes Jahr haben wir eine der größten Pickerlinien aller Zeiten mit 42 Roboterarmen ausgeliefert. Sie verpackt bis zu 5.000 Kekse pro Minute. Dafür steht Schubert. Andere Wettbewerber haben sich dafür im Standardbereich ausgedehnt, denen wollen wir mit dem Standard-Maschinenprogramm Lightline aus einem Baukasten heraus entgegentreten. Jetzt bieten wir unseren Kunden schnell und kostengünstig eine kompakte, platzsparende Anlage, beispielsweise Kartonierer oder Case-Packer, ohne Abstriche bei der Qualität. Die Kostenvorteile von bis zu 20 Prozent werden 1:1 an die Kunden weitergegeben. Vorwiegend haben wir die Maschinen in Europa und Nordamerika verkauft. Neben unseren Stammkunden haben wir auch viele neue Unternehmen dadurch gewinnen können. Deshalb war der Schritt für das Lightline-Programm ein sehr wichtiger für uns.

Bis 2023 wollen wir circa 30 Millionen Euro in eine Werkserweiterung an unserem Stammsitz investieren. Das ist ein klares Bekenntnis zum Standort Crailsheim. Auf eigene Kosten haben wir die Landesstraße verlegen lassen. Seit Anfang April ist der neue Straßenabschnitt nach nur sechs Monaten Bauzeit freigegeben. Auf der Zusatzfläche soll eine neue Montagehalle entstehen, um das Wachstum für die Zukunft zu sichern. Sobald die aktuelle durch COVID-19 bedingte Unsicherheit über die weitere Entwicklung gewichen ist, wird die Bautätigkeit weitergehen. Warum hier? Wir haben seit Unternehmensgründung bewiesen, dass wir dank unserer kompetenten Mitarbeiter erfolgreich sind. Sie sind ein entscheidender Erfolgsfaktor für uns. Teilweise sind sie seit Generationen mit unserem Unternehmen verbunden. Wir gewinnen auch Mitarbeiter von führenden Hochschulen, beispielsweise für das Cobot-Projekt. Die jungen Leute finden es cool, an der nächsten Generation von Verpackungstechnik mitzuarbeiten.

2018 wurden wir als Fabrik des Jahres für unser hervorragendes, aber auch transparentes Produktionssystem ausgezeichnet. Darauf sind wir stolz, denn wir reihen uns damit zu anderen Gewinnern wie Procter & Gamble oder Mercedes AMG ein. Das bestätigt uns dafür, was wir hier am Standort tun.

3. Zwischengang
LMV-online.de: Innovationen entstehen häufig aus Kundenbedürfnissen. Können Sie uns Themen nennen, die Ihre Kunden aktuell bewegen und den Weg in die Produktentwicklung finden sollten?

Wir sehen zwei große Herausforderungen, die unsere Kunden umtreibt. Zum einen verlässlich verfügbare und hoch performante Produktionsanlagen. Zum anderen flexible Maschinen, um zeitnah auf geänderte Anforderungen zu reagieren. Unsere Kunden wollen ihre Anlagen am Leistungsmaximum fahren. Sie wünschen sich absolute Zuverlässigkeit ihres Equipments ohne ungeplante Stillstände. Wir sind in der Lage, die Maschinen laufend zu überwachen und vorbeugend, also präventiv, Wartungsangebote zu machen. Dafür müssen wir Probleme in der Anlage erkennen, bevor diese überhaupt auftreten. Dann können bei geplanten Wartungsstillständen die Maschinenteile getauscht werden, bevor es einen ungewollten Stopp in der Produktion gibt.

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