Lebensmittelchemietage 2023 in Bonn zeigen neue Ansätze in der Analytik

Von PFAS, Künstlicher Intelligenz und essbaren Insekten

Im Rahmen der Tagung verleiht die Lebensmittelchemische Gesellschaft darüber hinaus den Werner-Baltes-Preis

Vom 21. bis 23. August finden an der Universität Bonn die 51. Deutschen Lebensmittelchemietage statt. Auf der Jahrestagung der Lebensmittelchemischen Gesellschaft (LChG), der größten Fachgruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), stehen Lebensmittelqualität und Verbraucherschutz im Mittelpunkt. So geht es unter anderem um die Analytik von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) aus Küchenartikeln, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Analyse von Fleischverderb und um mögliche Chancen und Risiken, die essbare Insekten als Futtermittel bieten. Im Rahmen der Tagung zeichnet die GDCh außerdem Professor Dr. Thomas Henle, Technische Universität Dresden, für seine besonderen Verdienste um die wissenschaftliche Entwicklung und um die Förderung und Anerkennung der Lebensmittelchemie mit der Joseph-König-Gedenkmünze aus.

PFAS sind Industriechemikalien, die als Beschichtungsmaterial beispielsweise in Funktionsjacken, Zeltplanen, Regenschirmen, Pizzakartons und Backpapier verwendet werden. Heute wissen wir jedoch, dass PFAS Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit haben und sich unter anderem in Nahrungsketten anreichern. Aus diesem Grund wird vor allem die Überwachung von PFAS-Gehalten in Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, immer wichtiger. Auch in bei der Herstellung von Antihaftbeschichtungen kommen PFAS zum Einsatz. Vor diesem Hintergrund entwickelte Nancy Wolf von der Technischen Universität Dresden gemeinsam mit ihrem Team eine neue Methode zur Analyse von PFAS-Emissionen aus Kochgeschirr. Bei der sogenannten Thermodesorption-Gaschromatographie-Massenspektrometrie (TD-GC-MS) zeigte sich, dass bei den untersuchten Backformen und Bratpfannen bis zu 250 Grad Celsius keine hitzeinduzierte Freisetzung von PFAS zu beobachten ist. Wie sie dabei genau vorgegangen ist und was diese Ergebnisse bedeuten, erläutert Wolf im Rahmen ihres Vortrags.

Um den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Analyse von Fleischverderb geht es im Vortrag von Professor Dr. Ulrich Busch vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Oberschleißheim. Im Rahmen des „Zukunftslabor 2030“ soll mit Hilfe Künstlicher Intelligenz eine Prognose der sensorischen und mikrobiologischen Qualität von Lebensmitteln möglich werden. In diesem Kontext führte Busch mit seinem Team Next-Generation-Sequencing (NGS)-basierte Analysen insbesondere des Mikrobioms durch, um zu untersuchen, wie sich dieses durch die Lagerdauer oder -bedingungen verändert. Im Fokus ihrer ersten Untersuchungen standen leicht verderbliche und nicht fermentierte Lebensmittel wie z.B. Hackfleisch, bei denen mikrobiologischer Verderb ein relevanter Aspekt der Lebensmittelsicherheit ist. Im Vortrag werden erste Ergebnisse der Mikrobiom-Analyse mikrobieller Populationen an Messreihen von Hackfleisch vorgestellt.

Bei der Suche nach alternativen Quellen zur Deckung des Bedarfes an tierischem Protein sind zuletzt essbare Insekten immer mehr in den Fokus gerückt. Während die Akzeptanz von Insekten als Lebensmittel in der europäischen Bevölkerung noch gering ist, ist der Einsatz im Futtermittelsektor in der Fisch- und Geflügelfütterung grundsätzlich akzeptiert. Um Qualität und Sicherheit der Futtermittel sicherzustellen, muss untersucht werden, ob über die Insekten Kontaminanten, wie beispielsweise Mykotoxine, also Schimmelpilzgifte, ins Futter gelangen können. Dr. Ronald Maul, Max Rubner-Institut, Institut für Sicherheit und Qualität bei Milch und Fisch, Kiel, untersuchte gemeinsam mit seinem Team, ob ein Kontaminantentransfer in Insekten möglich ist. Gleichzeitig beleuchtet er, ob es zu einem Transfer von Mineralstoffen kommen kann. In seinem Vortrag präsentiert Maul, welche Chancen und Risiken essbare Insekten als Futtermittel bieten.

Am 22. August erhält außerdem Professor Dr. Thomas Henle, Technische Universität Dresden, die mit 7.500 Euro dotierte Joseph-König-Gedenkmünze. Die GDCh würdigt damit seine Verdienste um die Förderung des Faches Lebensmittelchemie national und international sowie seine wissenschaftlichen Aktivitäten. Henle hat mit seinen grundlegenden Arbeiten zu Veränderungen während der Lebensmittelverarbeitung, z.B. unter Hochdruckbehandlung, das Fach Lebensmittelchemie vorangebracht. Durch seine Forschung zu bioaktiven Peptiden, insbesondere im Zusammenhang mit neuronalen Schädigungen, hat er wissenschaftliches Neuland betreten und international sichtbare Arbeiten veröffentlicht. Henle prägte die Lebensmittelchemische Gesellschaft durch seine Tätigkeiten im Vorstand, deren Vorsitzender er von 2005 bis 2010 war, maßgeblich. An der Technischen Universität Dresden etablierte er 1998 ein Zentrum der lebensmittelchemischen Ausbildung und Forschung, das heute zu den größten bundesweit zählt. Im Rahmen der Tagung verleiht die Lebensmittelchemische Gesellschaft darüber hinaus den Werner-Baltes-Preis, den Zukunftspreis der Lebensmittelchemischen Gesellschaft, den Bruno-Roßmann-Preis sowie das Josef-Schormüller-Stipendium. Wer die Auszeichnungen im Jahr 2023 erhält, wird vor Ort bekannt gegeben.