Fachkräftemangel macht deutschem Mittelstand mehr und mehr zu schaffen

Haupthindernis sind immer häufiger fehlende Bewerber

Zwei Drittel aller Firmen, die Fachkräfte einstellen wollen, befürchten Rekrutierungsschwierigkeiten

Für die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland wird die Besetzung offener Stellen mehr und mehr zum Problem, wie eine aktuelle Analyse von KfW Research auf Basis des KfW-Mittelstandspanels 2018 zeigt. Zwei Drittel aller mittelständischen Betriebe wollen in den nächsten drei Jahren neue Fachkräfte einstellen (66 Prozent). Davon rechnen knapp zwei Drittel (65 Prozent) mit Problemen bei der Rekrutierung - befürchten also, dass Stellen nur mit Abstrichen, verzögert oder überhaupt nicht besetzt werden können. Der Mittelstand ist damit seit der letzten Untersuchung von KfW Research zu diesem Thema im Jahr 2014 deutlich pessimistischer geworden. Vor vier Jahren sahen sich "nur" 57 Prozent der einstellenden Unternehmen mit Rekrutierungsschwierigkeiten konfrontiert.

Hauptgrund für die Sorgen der Firmen ist der quer durch alle Branchen zunehmende Mangel an Fachkräften. Im Jahr 2018 begründen 77 Prozent der betroffenen Mittelständler ihre Rekrutierungsprobleme mit "Bewerbermangel im gesuchten Beruf", vier Jahre zuvor waren es noch 57 Prozent. Dieser Anstieg ist nicht nur eindeutig, er ist auch einseitig, denn andere Gründe für Rekrutierungsschwierigkeiten spielen eine geringere Rolle als 2014: Die Stellenbesetzung scheitert heute deutlich seltener an zu hohen Lohnforderungen (Rückgang von 44  auf 38 Prozent) und etwas seltener an fehlenden Zusatzqualifikationen der Bewerber (von 37 auf 35 Prozent).

Zwar wäre die Diagnose eines flächendeckenden Fachkräftemangels in Deutschland nach wie vor übertrieben. Doch die aktuelle Analyse von KfW Research zeigt, dass sich die Fachkräfteengpässe seit 2014 in allen Wirtschaftssektoren verschärft haben, obwohl in diesem Zeitraum die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren deutlich gestiegen ist. Denn der konjunkturbedingt große Bedarf an Arbeitskräften übersteigt diese Zugewinne noch.

Die Verschiebung der Rekrutierungsprobleme in Richtung berufsspezifischen Fachkräftemangels und weg von anderen Gründen ist im forschungs- und entwicklungsintensiven Verarbeitenden Gewerbe besonders ausgeprägt. Auch hier wird weitaus häufiger Bewerbermangel befürchtet als vor vier Jahren (81 gegenüber 60 Prozent). Zu hohe Lohnvorstellungen und fehlende Zusatzqualifikationen waren im Jahr 2014 noch fast gleichrangige Probleme, fallen nun aber weit hinter den Bewerbermangel zurück (auf 40 bzw. 38 Prozent). Im Dienstleistungssektor ist die Verschärfung des Bewerbermangels gegenüber 2014 am drastischsten. In der wissensintensiven Hälfte des Sektors mit großem Akademikeranteil ist die Häufigkeit von 55 auf 75 Prozent gestiegen, bei den "Sonstigen Dienstleistern" springt der Wert sogar um 27 Prozentpunkte (von 46 auf 73 Prozent). Vor vier Jahren waren hohe Lohnforderungen dort noch das häufigste Problem (48 Prozent).

"Die Ursachen von Rekrutierungsproblemen haben sich in den vergangenen Jahren verschoben: Den Unternehmen fehlen zunehmend die Bewerber. Das ist die Kehrseite eines erfreulichen Arbeitsmarktbooms und voller Auftragsbücher im Mittelstand" sagt Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe. "Von der aktuellen Konjunktur abgesehen droht aber mittelfristig ein flächendeckender Fachkräftemangel, wenn ab ca. 2025 die Baby-Boomer in Rente gehen. Um die Folgen abzufedern, müssen Erwerbsquote und Weiterbildungsbeteiligung weiter steigen. Ein leergefegter Arbeitsmarkt ist ein guter Anreiz, um in Kita-Ausbau, Ganztagsschulen und Weiterbildung zu investieren. Ich kann mir auch vorstellen, dass die heutigen Berufsanfänger angesichts steigender Lebenserwartung später in Rente gehen werden als mit 67 Jahren. So oder so braucht Deutschland in den kommenden Jahren zweifellos viel mehr qualifizierte Zuwanderer als zuvor", so Zeuner.
 

Stichwörter
KfWFachkräfte