MIV: Steigende Preise im Herbst erwartet

Milch

Steigende Preise sieht der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes, Dr. Karl-Heinz Engel anlässlich der Jahrespressekonferenz im Rahmen der 100-Jahrfeier des Verbandes in Berlin.

2011 noch waren die Erzeugerpreise auf Rekordniveau. Rund 35 Cent/kg bei einem Fettge­halt von 4,0 Prozent zahlten die Molkereien im Jahresschnitt 2011 aus. Dies führte nicht nur in Deutschland zu einem starken Produktionszuwachs in der ersten Jahreshälfte 2012. Jedoch traf dieser Zuwachs im Zuge der Eurokrise auf ein schwieriges Marktumfeld mit einer zurückgehenden Nachfrage und gleichzeitig steigenden Milchmengen sowohl in der EU als auch weltweit.

Als Folge stiegen die Bestände bei Butter und Milchpulver, was die Preise merklich drückte. Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel konnte die Situation nutzen und die Preise für Konsumprodukte deutlich senken. In den ersten acht Monaten des Jahres 2012 waren dadurch sinkende Milchpreise bis auf ein Niveau von im Mittel rund 29 Cent/kg zu verzeichnen.

„Seit September steigen die Milchpreise glücklicherweise wieder an“, sagt Dr. Engel und fügt an, „wir erwarten auch von den neuen Abschlüssen im Lebensmitteleinzelhandel deutlich steigende Umsatzerlöse“. Die Landwirte wird es freuen: Nach starken Kostensteigerungen bei den Faktorkosten in der Milcherzeugung können und müssen nun auch die Erlöse endlich nachziehen und steigen.

Der Branche ist aber klar: Die Preisfront wird volatil bleiben und nur kleine Änderungen beim Rohmilchangebot oder auch der Nachfrage können das Bild schlagartig wieder ändern. Die derzeit gute Absatzsituation für Milchprodukte wird insbesondere vom Export getragen. „Mehr als 45 Prozent unserer deutschen Milch gehen in Form von verschiedenen Milcherzeugnissen in fremde Länder, der größte Teil davon in die Eurozone“, sagt der Vorsitzende. Sorgen bereiten der deutschen Milchindustrie die anhaltenden Währungsdiskussionen.

Viele Länder aus Südeuropa gehören zu den großen Kunden der deutschen Milchindustrie. „Der Milchindustrie-Verband ist ein Freund des Euros schon aus eigenem Interesse“, betont Dr. Engel. Teilweise sind Käufer aus diesen Ländern jedoch nicht mehr kreditversicherbar und das Risiko für die exportierenden Molkereien steigt.

Deutschland bleibt Käsekönig
Der größte Teil der deutschen Milch landet im Käsekessel. Auf 2,2 Mio. Tonnen wird die Produktion von Käse in 2012 geschätzt. Rund die Hälfte davon wird exportiert, als größter Drittlandskunde hat sich hier Russland weiter behauptet. „Russland macht uns jedoch Sorgen in Bezug auf seine Veterinärpolitik“, unterstreicht der Vorsitzende. Große deutsche Käsebetriebe sind von russischen Behörden gesperrt worden, weil Russland die Sicherheit des deutschen Veterinärsystems in Frage stellt.

Der MIV hofft hier auf eine weiter verbesserte Zusammenarbeit der Behörden sowohl aus den Bundesländern mit dem Bundesministerium in Berlin als auch in Richtung der Veterinärbehörde Rosselchosnadsor in Moskau, um die aufgetretenen Schwierigkeiten möglichst umgehend zu beseitigen. „Wir brauchen den Export und die russischen Verbraucher und Importeure fragen nach dem hochwertigen deutschem Käse. Eigentlich eine gute Ausgangslage für alle Beteiligten“, merkt Dr. Engel an.

Agroenergiepolitik bereitet Sorgen
Der Verzicht auf Atomkraft in Deutschland führte in den letzten Jahren zum stark geförderten Ausbau der Agroenergie. Viele Biogasanlagen stehen jedoch in direkter Flächenkonkurrenz zur Milchviehhaltung. Ackerland für einen häufig nur auf Mais ausgerichteten Pflanzenbau verteuert sich drastisch und treibt die Pachtpreise und damit die Kosten der Milcherzeugung nach oben. Gleichzeitig steigen die Strompreise für die deutsche Milchindustrie. „Dieser einseitige Wettbewerbsnachteil schadet der deutschen Milchwirtschaft insgesamt“, hebt der Vorsitzende hervor. Die deutsche Bundesregierung ist aufgefordert, dringend Änderungen am EEG (Erneuerbaren Energiegesetz) herbeizuführen und die einseitige und nicht nachhaltige Förderung dieser Landnutzungskonzepte zu korrigieren.

Agrarreformen in Brüssel und „Milchpaket“
„Eine Reform aus Brüssel jagt die nächste“, sagt Dr. Engel. Während in Deutschland gerade das „Brüsseler Milchpaket“ umgesetzt wird, berät der Ministerrat und das Parlament bereits zur nächsten Reform für die GAP 2013. Die Umsetzung des Milchpaketes macht dagegen in Deutschland aufgrund der bereits bewährten bestehenden Strukturen wenig Sorgen.

„Wir brauchen nicht noch mehr Verbände und Diskussionsgruppen“, unterstreicht vielmehr Dr. Engel und ergänzt „was in dem einen EU-Staat sinnvoll sein kann, muss in einem anderen ja nicht unbedingt zu einer verbesserten Situation beitragen“. Er sieht damit keinen Bedarf zur Installation von neuen Branchenorganisationen, die das Brüsseler Milchpaket den Mitgliedsstaaten zwar vorschlägt, aber eben nicht zwingend vorschreibt.