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Schokolade mal anders: KI geht neue Wege bei der Produktzuführung

Die Intelligent-Infeed-Demonstrationsanlage platziert Schokoriegel in einer Förderkette

Wie hilft Künstliche Intelligenz (KI) bei der Entwicklung von Automatisierungsanwendungen? Ein Forschungs- und Entwicklungs-Team hat einen Workflow entwickelt, in dem die KI eigenständig anwendungsspezifisch optimierte Steuerungen am Digitalen Zwilling erlernt. Das reduziert die Entwicklungszeit enorm und hilft auch, bessere Steuerungsstrategien zu finden. Ihre Demonstratormaschine: Eine Verpackungslinie für Schokoladenriegel.

Die Schokoriegel kommen im Abstand von etwa einer Sekunde an einer Förderstrecke an. Am Ende der Strecke sollen sie in vorgegebene Fächer auf dem Ausgabeband platziert werden. Die Förderbänder gehören zur Intelligent-Infeed-Demonstratormaschine, die vorführt, wie künstliche Intelligenz Produktionsmaschinen steuert. „Die Riegel werden in zufälligen Abständen auf das erste Zuführband gelegt. Unsere KI-Steuerung verlangsamt oder beschleunigt nun drei weitere, hintereinandergeschaltete Förderbänder, und sorgt so dafür, dass die Schokolade auf dem letzten Band richtig liegt“, sagt Martin Bischoff, Experte für Digital System Integration aus der Forschungsabteilung Technology von Siemens. „Der Steuerungsalgorithmus hierfür ist durchaus eine kniffelige Programmieraufgabe – wer es nicht glaubt: einfach mal selbst probieren. Wir haben jetzt mit Reinforcement Learning die künstliche Intelligenz dafür trainiert, diese Steuerung zu übernehmen.“

Martin Bischoff (r), Michel Tokic (l) und ihr Team haben KI erfolgreich auf eine typische Motion-Control-Aufgabe in der Lebensmittelverpackung angewendet.

Reinforcement Learning – aus Erfolg und Misserfolg lernen

Reinforcement Learning ist ein Verfahren der künstlichen Intelligenz, das etwa so funktioniert, wie die meisten Menschen Fahrrad fahren lernen – ohne Kenntnis der physikalischen Grundlagen durch Ausprobieren: Ob die eigene Technik gut ist, erlebt der/die Fahrradanfänger*in unmittelbar bei den Fahrversuchen und wird so nach und nach immer besser. „Genau so funktioniert Reinforcement Learning“, erklärt Michel Tokic, ebenfalls KI-Experte von Technology und Lehrbeauftragter für angewandtes Reinforcement Learning an der LMU. „Die KI bekommt eine Zielspezifikation, also etwa: Die Schokoriegel dürfen nur in den Zielfeldern abgelegt werden und die Anlage soll dabei möglichst schnell arbeiten. Die KI macht dann – zunächst vollkommen zufällige – Steuerungsversuche am Simulationsmodell und bekommt eine durch Lichtschrankensignale ausgelöste Rückmeldung, wie gut jeder Versuch war. Mit diesem Feedback entsteht nach vielen automatisierten Trainingszyklen ein zielführender Steuerungsalgorithmus.“

Training mit dem digitalen Zwilling – die KI findet neue Lösungsansätze

Fehler in einer Anlagensteuerung können teure oder gefährliche Folgen haben. Daher werden standardmäßig die Steuerungen an digitalen Zwillingen der Anlagen risikolos entwickelt und getestet. Mit dem digitalen Zwilling der Anlage lässt sich auch die KI trainieren. „Nach etwa 72 Stunden Training mit dem Digitalen Zwilling auf einem handelsüblichen Rechner – oder nach etwa 24 Stunden auf Rechner-Clustern in der Cloud – ist die KI bereit, die reale Anlage zu steuern. Das ist auf jeden Fall sehr viel schneller, als wenn Menschen diese Steuerungsalgorithmen entwickeln“, sagt Bischoff. Mit Reinforcement Learning hat die KI eine Lösungsstrategie entwickelt, bei der alle Schokoriegel auf den vorderen Förderbändern möglichst schnell weitertransportiert werden und erst auf dem letzten Förderband genau die Geschwindigkeit gesteuert wird – ist interessanterweise ganz anders als die einer konventionellen Steuerung.

Die Simulation zeigt, dass die KI die Aufgabe erfolgreich bewältigt: Die Riegel werden in zufälligen Abständen auf das erste Förderband gelegt. Auf dem letzten Förderband liegen sie innerhalb der markierten Zonen.

Aus dem Labor in den Industrie-Einsatz: Das AI Motion Framework

Die Forscher um Martin Bischoff konnten inzwischen ihren Ansatz praxistauglich machen, indem sie die trainierten Steuerungsmodelle so komprimieren und kompilieren, dass sie in Echtzeit und zyklussynchron auf einer Simatic-Steuerung laufen. Thomas Menzel, zuständig für die Abteilung Digital Machines and Innovation im Geschäftsfeld Produktionsmaschinen, sieht großes Potential für den Ansatz, eine KI komplexe Steuerungsaufgaben eigenständig am Digitalen Zwilling lernen zu lassen: „Unter dem Namen AI Motion Trainer hilft diese Methodik mittlerweile mehreren Co-Creation-Partnern, in wesentlich kürzerer Zeit anwendungsspezifisch optimierte Motion-Applikationen für die Simatic zu entwickeln. Produktionsmaschinen sind nun nicht mehr auf Aufgaben beschränkt, für die bereits ein Steuerungsprogramm als PLC-Code entwickelt wurde, sondern können alle von der KI erlernbaren Aufgaben realisieren. Die Integration mit unserem Simatic-Portfolio macht den Einsatz dieser Technologie besonders industrie-tauglich.“

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Und natürlich auf der der interpack 2023, Halle 6, Stand D27.
 

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