Etikettier- und Ausstattungstechnik, das ist ein Themenbereich, der sich im Spannungsbogen zwischen Marketingexperten, Designern, Papier- und Folienherstellern sowie den Technikern der Abfüllbetriebe bewegt. Deren nicht immer deckungsgleiche Ansprüche müssen zusammengeführt werden, wenn das gewünschte Ergebnis erzielt werden soll. Ohne den einen kann der andere nicht und umgekehrt. Denn das Etikett ist der „Markenbotschafter“ am Point of Sales. Alle am Entstehungsprozess einer Behälterausstattung Beteiligten, Aussteller ebenso wie Besucher, treffen sich auf der Drinktec 2017, Weltleitmesse für die Getränke- und Liquid-Food-Industrie, vom 11. bis 15. September in München. Hier werden die Trends gemacht, die in den nächsten Jahren am Markt wirken werden.
Die Bierflasche oder der Softdrinkbehälter stehen im Regal und warten auf ihren Käufer. Das Etikett ist neben dem Preis und der Behälterart oder der Verkaufsverpackung das einzige Auswahlkriterium. Es sorgt am Point of Sale für direkte Kundenansprache und erzeugt den Wiedererkennungseffekt einer Marke. Auf der Drinktec nimmt die Verpackungs- und Ausstattungstechnik großen Raum ein. Rund 50 Prozent der Aussteller präsentieren Verpackungslösungen – in dieser Bandbreite ist das einmalig. Zusätzlich hat die Drinktec mit der World of Labels einen eigenen Ausstellungsbereich (Halle A2) speziell für Hersteller von Etikettiertechnik und Etiketten geschaffen.
Stefan Richter, Head of Inspection and Labelling Technology der Krones AG, Neutraubling hält die Drinktec für eine „elementare Messe, auch wegen ihres Rhythmus von vier Jahren. Sie ist absolut international und zieht globales Publikum geradezu magnetisch an. Für Krones ist sie auch eine Plattform, um ein Stimmungsbild vom Markt einzufangen und wertvolles Feedback von den Kunden in aller Welt zu bekommen.“ Auch das Rahmenprogramm geht auf diese Thematik ein: die Top-Zukunftsthemen im Bereich Verpackung kommen in der Innovation Flow Lounge zu Wort und im Bereich Verpackungstechnik auf dem Drinktec Forum.
„Auf der Drinktec als weltgrößtem Branchentreff sehen wir sowohl alte Bekannte als auch neue Kunden aus aller Welt. Eine Chance, die wir mit Freude wahrnehmen!“, sagt Prof. Dr.-Ing. Matthias Niemeyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der KHS AG, Dortmund.
Modulmaschinen und Selbstklebeetiketten
„Die Marketingabteilungen der Getränkewelt wünschen sich höchstmögliche Flexibilität“, weiß Stefan Richter. „Flaschenausstattung ist Werbung. Und die ist höchst individuell. Der Verbraucher verlässt sich bei seinen Einkäufen gerne auf das erste Erscheinungsbild eines Produkts, die Hersteller können dies durch die entsprechende Ausstattung unterstützen. Als Produzent von Etikettiermaschinen spüren wir das daran, dass die Anzahl der georderten Modulmaschinen stetig von Jahr zu Jahr zunimmt.“ Mit Modulmaschinen halten sich die Abfüller alle Möglichkeiten offen. Fast beliebig können unterschiedliche Etikettieraggregate angedockt werden, sei es für Kaltleimetiketten, Heißleimetiketten oder Selbstklebeetiketten.
Damit sind die Getränkehersteller nach einer getroffenen Investitionsentscheidung auch Jahre später noch flexibel in der Wahl einer Ausstattungsvariante. Im PET-Segment geht der Trend bei der Kunststoffetikettierung hin zu immer dünneren Folien. Eine andere interessante Entwicklung sind vorgeleimte Rundumetiketten. Speziell Selbstklebeetiketten bieten sehr viele individuelle Gestaltungsmöglichkeiten. Sie sind mittlerweile auch nicht mehr nur auf Einwegverpackungen begrenzt, sondern erfolgreich auf Mehrwegflaschen im Bier-, Wasser- und Softdrinkbereich als sogenannte Wash-off Labels etabliert. Hierbei wird das Selbstklebetikett in der Flaschenreinigungsmaschine abgelöst, der Behälter kann neu befüllt und etikettiert werden. „Höhere Artikelvielfalt, kurze Umstellzeiten, kleinere Chargen“, fasst Stefan Richter die Trends bei der Flaschenausstattung zusammen.
Hochindividuelle Lösungen dank Direktdruck
Diesem Trend kommt ebenfalls der Direktdruck entgegen. Egal ob PET, HDPE, Metall (-Dose) oder Glas, ob runde Behälter oder Formflaschen, Digitaldruck lässt sich fast überall anwenden und bietet hochindividuelle Lösungen. Alles ist eine Frage der Chemie zwischen Tinte und Behältermaterial. „Die Druckqualität beim Direktdruck wird immer besser, die Geschwindigkeit immer höher“, urteilt Richter.
Neben dem allgemeinen Trend zur Reduzierung von Verpackungsmaterial und hin zu gesteigerter Nachhaltigkeit ist auch im Bereich von Etikettier- und Ausstattungstechnik der Markt in Bewegung. „Der Trend zum individuellen Flaschendesign setzt sich fort und wird noch weiter zunehmen“, meint Prof. Dr.-Ing. Matthias Niemeyer und hebt dabei speziell auf den Direktdruck ab: „In diesem Bereich ist die industrielle Umsetzung eines digitalen Druckverfahrens mit migrationsarmen, UV-härtenden Tinten, die eine lebensmittelsichere Lösung für PET-Flaschen bieten, von Interesse. Abfüller sparen mit dem Direktdruck-Verfahren Material und können kurzfristig und flexibel einen neuen Look für die Behälter realisieren.“
Neuer Trend: Serialisierung
Auch einen weiteren Trend in der Getränkeindustrie unterstützt die Ausstattungstechnik: die Serialisierung, genau genommen die Umwandlung eines Objekts in einen Bytestrom. Dieser Begriff aus der Informatik bringt zwei Wünsche der Industrie zusammen, nämlich einerseits die Individualisierung der Produkte, andererseits die Nachvollziehbarkeit der Produktwege. „Etikettiertechnik erlaubt es, beispielsweise mit der Aufbringung eines QR-Codes auf einen Behälter, diesen zu individualisieren und bei Nutzung des Codes durch den Konsumenten den Produktweg nachzuvollziehen“, erklärt Stefan Richter. Der Kunde wiederum hat die Möglichkeit, mithilfe eines Smartphones anhand des QR-Codes die Originalität und Echtheit des Produkts zu prüfen. Gleichzeitig wird seine Aktion weitergeleitet an den Hersteller, der dann in eine gewünschte Interaktion mit dem Konsumenten treten kann. Was heute google, amazon und Co. vormachen, kann morgen Realität für die Getränkeindustrie sein. Das Internet der Dinge, die Industrie 4.0 trifft die Getränkehersteller.
Auch die RFID-Technologie, die „Identifizierung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen“, hat bereits Einzug in die Getränkeindustrie gehalten. Sie dient dem Originalitätsschutz einerseits, dem Diebstahlschutz andererseits. In einem südeuropäischen Land setzt beispielsweise ein bekannter Whisky-Hersteller die RFID-Technologie konsequent bei seinen hochwertigen Produkten ein. Im Rückenetikett verbirgt sich ein RFID-Transponder, der z.B. bei versuchtem Diebstahl Alarm schlagen würde. „RFID-Technologie einzusetzen, ist mit der modernen Ausstattungstechnik problemlos möglich. Es bleibt allerdings noch eine Frage der Transponderkosten“, sagt Stefan Richter.
Aber, trotz aller Neuentwicklungen, es gibt auch Kontinuität auf der Drinktec 2017 zu sehen: Das gute alte Papieretikett hat definitiv weiterhin Zukunft. Es ist in hohen Geschwindigkeiten verarbeitbar, es sieht gut aus und es wird auf absehbare Zeit im Markt bleiben.