Business-Lunch mit Stephan Karl, Geschäftsführer Tetra Pak Mid Europe

Vier Gänge mit fünf Fragen

Stephan Karl

Als Geschäftsführer von Tetra Pak Mid Europe sieht sich Stephan Karl seit April 2013 in der DACH-Region mit einem schrumpfenden Markt für Kartonverpackungen konfrontiert und stellt seitdem das Unternehmen strategisch auf die veränderten Konsumentenanforderungen ein. Dabei kennt er den Verpackungsspezialisten wie kaum ein anderer: Karl ist seit knapp 20 Jahren in verschiedenen Positionen im Marketing, Finanzbereich und Vertrieb im Unternehmen tätig. Bei einem Business Lunch in Hochheim/Main sprechen wir mit ihm über die Strategie und Lösungen, mit denen Tetra Pak weiterhin auf der Erfolgsspur geführt werden soll.

1. Amuse Gueule
LMV-online.de: Herr Karl, als Geschäftsführer von Tetra Pak Mid Europe sind Sie für die strategische Ausrichtung des Unternehmens in der DACH-Region zuständig. Die Marktführerschaft in dieser - nennen wir sie „reifen“ - Region zu halten und weiter auszubauen, ist ein spannendes und nicht immer leichtes Unterfangen. Wie grenzt sich Tetra Pak Mid Europa strategisch von seinen Mitbewerbern ab?

Tetra Pak ist und bleibt ein führendes Unternehmen in der Verpackungsindustrie, insbesondere im Bereich der sogenannten Weichverpackung für Lebensmittel in Form von Kartons. Unser erklärtes Ziel lautet: Wir wollen die Marktführerschaft halten. Es stimmt, der Wettbewerb wird härter, und wir bekommen mehr Konkurrenz, auch aus anderen Ländern. In allen Industrien gibt es den Trend, dass Produktentwicklungen, die lokal starten, sich international ausbreiten. In unserem Bereich sind das zum Beispiel lokale Wettbewerber in China, die nun auch in anderen Teilen der Welt auftreten.

Wir gehen den gleichen Weg: Als weltweit agierendes Unternehmen nutzen wir seit Jahrzehnten unser lokales Know How und die globale Kompetenz im Haus, um neue Märkte für Produktlösungen in anderen Regionen der Welt zu erschließen. Wir verfügen über eine starke Innovationskraft und bieten unseren Kunden Verpackungen mit einem Mehrwert, um ihre Produkte optimal beim Handel und Konsumenten zu platzieren. So ist nicht immer der günstigste Preis entscheidend, sondern Marktkenntnis, Unterstützung für den Verkauf und selbstverständlich gleichbleibende Qualität in der gesamten Wertschöpfungskette - von den Lieferanten bis zum Endverbraucher. Nur so geraten Unternehmen nicht in den Teufelskreis sinkender Preise und können sich nachhaltig am Markt etablieren.

Zudem ist Tetra Pak ein Systemanbieter: Aufgrund unserer langjährigen, weltweiten Marktkenntnis bieten wir unseren Kunden Gesamtkonzepte an. Wir erkennen Trends frühzeitig, können helfen, diese voranzutreiben und sind überzeugt, im Kampf mit den Wettbewerbern so langfristig vorne zu liegen. Wir haben nicht nur innovative Technologien und Lösungen, die sich auf die Verpackung und ihren Gebrauch beziehen, sondern bieten zudem auch hocheffiziente Verpackungsmaschinen und Processinglösungen für unsere Kunden an. Mit diesen Anlagen haben unsere Arbeitspartner ihre „total cost of ownership“ im Griff: Produkte werden kostengünstig verpackt, denn die laufenden Prozesskosten wie durch den Verbrauch von Strom und Wasser werden gesenkt und auch die dabei entstehenden Emissionen wie CO2 verringert. Diese Technologieführerschaft bewerten wir als wichtigen Wettbewerbsvorteil. Neben dem Kostenfokus hat unsere Processingorganisation auch eine Menge neuer Technologien entwickelt, die die Qualität von Milch und Orangensäften erhöht.  

2. Vorspeise
LMV-online.de: Unabhängig davon findet auf dem Markt ein Paradigmenwechsel statt. Insbesondere PET-Getränkeflaschen mit „hippen“ Getränken z. B. für den Konsum unterwegs (To Go) laufen den „konservativen“ Kartonverpackungen den Rang ab. Wie stellt sich Tetra Pak darauf ein?

Wir haben rund 7.000 verschiedene Verpackungskombinationen auf Kartonbasis in unserem Sortiment – das kann wohl kein anderer in der Branche von sich behaupten. So können wir auf Trends wie das Bedürfnis „To Go“ reagieren. Hierfür bieten wir beispielsweise die kleinformatige Portionspackung Prisma Aseptik mit dem bequemen Schraubverschluss Dreamcap an. Dieser Karton liegt leicht in der Hand, ist gut zu öffnen und zu verschließen. Es klingt vielleicht kurios, aber wir haben bei der Entwicklung des Verschlusses selbst auf Kleinigkeiten geachtet, dass der Konsument zum Beispiel beim Trinken nicht mit der Nase die Verpackungen berührt. Über den gewählten Winkel und den Durchmesser des Verschlusses haben wir so eine optimierte Trinkverpackung für unterwegs entwickelt.

Was man nicht unterschätzen darf: Kartons sind die geeignete Verpackung, um empfindliche Getränke wie beispielsweise Orangensaft sicher vor Licht und Sauerstoff zu schützen. Daneben bietet eine Kartonverpackung deutlich mehr Fläche, um den Inhalt zu bewerben. Wenn man im Supermarkt Regale mit PET-Flaschen - womöglich noch als 6er-Pack mit Schrumpffolie ummantelt - mit Flächen von Kartonverpackungen vergleicht, werden mit Kartons wesentlich schönere Effekte erzielt. Ein gutes Argument für unsere Kunden, weiterhin auf diese Art der Verpackung zu setzen.

Und ich möchte noch einen weiteren Aspekt hier hinzufügen: Wir entwickeln nicht nur neue Verpackungs-, Öffnungs- und Verschlusslösungen, sondern unterstützen unsere Kunden auch bei der Entwicklung neuer Trendgetränke wie zum Beispiel Sojaprodukte, Mandelmilch oder Kokoswasser. Mit dem weltweiten Know How, das in unseren produktspezifischen Wissenszentren gebündelt ist, bringen wir so innovative Konzepte in neue Regionen und können einen Mehrwert für unsere Kunden herausarbeiten.

3. Zwischengang
LMV-online.de: Bedingt durch den demographischen Wandel und die Zunahme an Single-Haushalten haben sich die Anforderungen für Verpackungslösungen, -größen und –öffnungen stark verändert. Tetra Pak hat an dieser Stelle u. a. von der schwedischen Rheumaliga bereits mehrere Auszeichnungen für individuelle Produktlösungen erhalten. Wie erarbeiten Sie mit Ihren Kunden – also den Lebensmittelproduzenten – genau diese speziellen Verpackungslösungen für den Endkunden?

Durch unsere starke Innovationskraft und die besonderen Erfahrungen, die wir in den unterschiedlichen Regionen sammeln, funktioniert das bei uns anders herum: Wir starten neue Entwicklungen im eigenen Hause. In unseren Entwicklungszentren, zum Beispiel in Italien, werden die Neuentwicklungen dann mit Konsumenten auf ihre Trinkerfahrungen hin getestet. Erst was bis hierhin besteht, wird dann an unsere Arbeitspartner herangeführt. Drittparteien wie zum Beispiel die Rheumaliga in Schweden unterstützen uns dabei, die Neuentwicklungen so zu optimieren, dass auch ältere Menschen oder Menschen mit eingeschränkten Handfunktionen gut damit zurecht kommen. Sie betrachten beispielsweise den Widerstand beim Öffnen, die Griffigkeit des Deckels und beurteilen aus Sicht ihrer Klientel, wie einfach sich dieser wiederverschließen lässt. Für zehn verschiedene Verpackungen haben wir das Gütesiegel bekommen, weil an diese vermeintlichen Kleinigkeiten gedacht wurde.

4. Hauptgang
LMV-online.de: Tetra Pak setzt nicht nur im Marketing auf das Thema Nachhaltigkeit, sondern hat sich mit der globalen Umweltagenda 2020 hohe Ziele gesteckt. Wenn man genau hinschaut, stehen Deutschland und die ganze DACH-Region bereits heute sehr gut da. Wo sehen Sie also für die DACH-Region noch Ansätze und Verbesserungsmöglichkeiten beim Thema Nachhaltigkeit z. B. im Bereich Verpackungslösungen aus nachwachsenden Rohstoffen?

Nachhaltigkeit ist entscheidendes Alleinstellungsmerkmal für uns. Für die kommenden Generationen müssen Unternehmen heute langfristig nachhaltig agieren und Produkte umweltfreundlich herstellen. Derzeit tragen im deutschsprachigen Raum 88 Prozent unserer Verpackungen das FSC-Siegel, in Deutschland sind es sogar 91 Prozent – dennoch haben wir da noch Raum für Verbesserung. Dass es nicht 100 Prozent sind, liegt daran, dass noch zu wenige Wälder zertifiziert sind. Das große Ziel heißt: Langfristig werden alle Bestandteile der Verpackung zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen; Verschlussdeckel aus biobasierten Kunststoffen von Tetra Pak sind bereits heute auf dem Markt.

Über unseren Verband, den FKN, wollen wir natürlich am Recycling weiterarbeiten. Deutschland ist führend bei der Aufarbeitung von Reststoff, aber auch hier gibt es noch Luft nach oben. Heute werden rund 72 Prozent der Kartons in Deutschland recycelt. Wir müssen aber weiter daran arbeiten, dass die Konsumenten die Produkte richtig trennen, damit sie den entsprechenden Recycling-Strömen zugeführt werden können.

Ein weiterer Aspekt sind die Abfüllmaschinen. Heutzutage verbrauchen diese rund ein Drittel weniger Energie als früher und nur noch die Hälfte an Wasser. So können wichtige Ressourcen wie Trinkwasser geschont und der Einfluss auf die Umwelt verringert werden. In unserem Werk in Limburg setzen wir vollständig auf grünen Strom aus Wasserkraft.

Auch intelligente Lösungen aus unserem Processing Entwicklungscenter im schwedischen Lund haben gezeigt, dass beispielsweise die Pasteurisationstemperaturen bei High-Acid-Fruchtsäften sicher gesenkt werden können, was zu hohen Energieeinsparungen führt und zum nachhaltigen Produzieren beiträgt.

5. Dessert
LMV-online.de: Sie sind jetzt seit 20 Jahren bei Tetra Pak. Was war in dieser Zeit für Sie ganz persönlich ein Highlight?

Im Laufe meiner beruflichen Entwicklung bei Tetra Pak habe ich vom Unternehmen die Möglichkeit bekommen, viele verschiedene Regionen und Kulturkreise kennenzulernen. Ich habe ehrlich gesagt kein dezidiertes Highlight. Aber so viel zu erleben ist schon etwas Besonderes. Bevor ich in den Frankfurter Raum nach Hochheim am Main zurückgekommen bin, habe ich mit meiner Familie in China gelebt. Und natürlich haben wir auch die Gelegenheit genutzt, die anderen asiatischen Länder kennenzulernen. Es war faszinierend, wie anders das Leben dort ist. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass trotz aller Unterschiede die Grundbedürfnisse identisch sind. Das war eine große Erfahrung für mich und meine Familie.

Wir danken für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg bei der zukünftigen strategischen und operativen Umsetzung.
 

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