Business Lunch mit Markus Sandhöfner, Geschäftsführer B&R Deutschland

Vier Gänge mit fünf Fragen

Markus Sandhöfner, Geschäftsführer B&R Deutschland

Automatisierungstechnik macht komplexe Produktionsprozesse beherrschbar und beschleunigt diese. B&R bietet der Lebensmittel- und Getränkeindustrie ein breites Produkt- und Lösungsangebot, u. a. von Antriebs, Prozessleit- und Sicherheitstechnik. lebensmittelverarbeitung-online.de sprach mit Markus Sandhöfner, dem Geschäftsführer von B&R Deutschland in diesem Zusammenhang über Industrie 4.0, den Vorteilen von Skalierbarkeit und den Vorzügen von standardisierten Softwarekomponenten.

3. Zwischengang
LMV-online.de: In der Lebensmittelproduktion werden Individualisierung, z.B. bei der Verpackungs- und Kennzeichnungstechnik, sowie kleine Losgrößen immer wichtiger. Wie unterstützt B&R diesen Trend und haben Sie ein aktuelles Beispiel für unsere Leser?

Der Trend zu Individualisierung ist in jedem Supermarkt sichtbar, es gibt nicht mehr nur die eine Packung, sondern immer mehr individualisierte Produkte. Der Anbieter „My Müsli“ ist so ein Beispiel. Über das Internet kann der Konsument sich sein Lieblingsmüsli zusammenstellen. Dafür werden Daten digital übertragen. Die Maschinen benötigen hier eine Datenankopplung und müssen sehr flexibel sein, um diese Daten in Rezepte umzusetzen. Individuelle Mischungen, unterschiedliche Verpackungsgrößen und Etiketten werden bereitgestellt. Zudem wird im Anschluss über ein Kamerasystem mit Bilderkennung verifiziert, dass die Konfiguration des Produktes auch der Bestellung entspricht.

In der Lebensmittelproduktion werden die Produktionschargen bis hin zu Losgröße 1 immer kleiner. Daher bedarf es einer exzellenten Datenverarbeitung und immer schnelleren Koordination der Bewegung in einer Anlage. Wenn wir in Richtung Flaschenabfüllung oder Tablettenpressen gehen, werden bis zu 100.000 Produkte pro Stunde gefertigt. Das entspricht 30 Millisekunden Zykluszeit pro Produkt für den kompletten Herstellungsprozess inklusive Produzieren, Formen und Abfüllen. Hier müssen Daten, Bewegungen, Sensorik und Analyse von Füllständen sowie Detektionen sehr schnell verarbeitet werden. Die nötigen Zykluszeiten liegen unter einer Millisekunde, was unsere Steuerung angeht. Auch die Kommunikation in den Anlagen muss diese Geschwindigkeiten unterstützen. Bei B&R wird dies durch den Einsatz des offenen Netzwerk Powerlink, das für Industrie 4.0 benötigt wird, erreicht.

Hardware, Software und Kommunikationsmöglichkeiten von B&R sind darauf abgestimmt, ultraschnelle Prozesse, die der Markt fordert, zu erlauben. In dem sehr kleinen Zeitfenster von 30 Millisekunden pro Produkt müssen alle Daten über Steuerung und Kamerasystem verarbeitet werden und diesem einen, ganz bestimmten Produkt zugeordnet werden. Dies gelingt über eine deterministische Kopplung zwischen dem Steuerungssystem für eine genaue Synchronisierung der Antriebe und gleichzeitig auch der Kamera, die ihre Signale an die Steuerung deterministisch weitergibt. B&R ist bei diesem Prinzip ein Vorreiter und hat hier weltweit die erste Ankopplung einer deterministischen Steuerung an eine Kamera zusammen mit Cognex über Powerlink realisiert. Es kommt auf die genaue Synchronisation an. Sie startet bei der Informationsverarbeitung für das richtige Rezept für das gewünschte Produkt, geht über die Antriebe weiter, damit das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle ist. Auch die Qualitätssicherung ist entscheidend. Hier unterstützt B&R über standardisierte Schnittstellen die Verknüpfung an SAP oder andere Systeme.

Digitalisierung ist entscheidend, sie ermöglicht hier die Nachverfolgbarkeit der individuellen Produkte. Über die rückgeführten Informationen kann jedes einzelne Produkt bei auftretenden Qualitätsproblemen mühelos verifiziert werden, denn die Daten sind in einer Datenbank abgelegt. Seit Jahren arbeitet B&R mit der Pharmaindustrie zusammen, wo höchste Anforderungen gelten, auch für Fälschungssicherheit oder Nachverfolgbarkeit im Falle eines Produktrückrufes. Diese Erfahrungen können wir für Bereiche wie die Lebensmittelindustrie und Getränkeherstellung transferieren und Synergien nutzen.

4. Hauptgang
LMV-online.de: Inwieweit profitieren Maschinenbauer und Lebensmittelhersteller konkret von Ihren Lösungen „Mapp“ und Scalability+“?

Mit „Scalability+“ ermöglichen wir unseren Kunden, einmal geschriebene Software auf jegliche B&R-Hardware aufzuspielen und so ein beliebige Kombination aus existierender Software und jetziger als auch zukünftiger Hardware zu realisieren. Wenn man den Gesamtentwicklungsaufwand von Maschinen betrachtet, dann liegt der Software-Anteil heutzutage bei mehr als 50 Prozent. Software übernimmt immer mehr Funktionen wie Bedienen oder Überwachen, die die Hardware früher geleistet hat. Es gilt, die Software-Entwicklungsleistung kompakt zu halten, aber diese Software muss trotzdem für alle Komponenten passen.

Die dazu passende Hardware muss skalierbar sein, sich auf zum Beispiel geringere Anforderungen anpassen und vom Preis attraktiver sein. Dieselbe, einmal geschriebene Software soll dann zukünftig auch für eine hochwerte Maschine einsetzbar sein, die beispielsweise eine schnellere Zykluszeit realisiert, mit vielen Antrieben verbunden werden kann und schnellere Synchronisierung erlaubt. Beispielsweise kann so mit demselben Code ein hochwertiger Servomotor genutzt werden, aber auch günstigere Schrittmotor im Austausch. Mit dieser Übertragbarkeit wird der Softwareaufwand möglichst klein gehalten. Die Entwicklungszeiten werden verringert.

Um den Aufwand der Softwareentwicklung und damit die Gesamtentwicklung zusätzlich zu verkürzen, helfen wir, die Programme möglichst schnell zu schreiben. Das erreichen wir über die „Mapp“-Technologie. Dahinter verbergen sich modulare Software-Komponenten, die standardisierte Funktionen beinhalten. Die Logik hinter diesen Funktionen wird hier von B&R geliefert, ebenso werden Visualisierungsinhalte für das Bedienen und Beobachten zur Verfügung gestellt. So lässt sich der heutige Aufwand der Softwareentwicklung um zwei Drittel verringern. Die Standardkomponenten sparen Zeit und sichern Qualität durch Erfahrungen im Einsatz. Zudem sind sie dank standardisierten Komponenten beherrschbar, so dass sich im Nachgang auch der Wartungsaufwand deutlich verringert. Derzeit bieten wir 150 standardisierte Komponenten, die wir kontinuierlich ausbauen.

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