Business Lunch mit Dr. Tina Tan, Geschäftsführerin bei Matrix Flavours & Fragrances

Vier Gänge mit fünf Fragen

Dr. Tina Tan, Geschäftsführerin bei Matrix Flavours & Fragrances

Die Welt rückt – zumindest kulinarisch – immer dichter zusammen. Nach Reisen in ferne Länder werden in der Heimat Sehnsüchte nach exotischen Geschmäckern geweckt. Hier setzt Matrix Flavours & Fragrances an: Das Unternehmen aus Malaysia bringt authentische, asiatische Aromen nach Europa und setzt verstärkt auf Foodtrends sowie natürliche Geschmacksstoffe. lebensmittelverarbeitung-online.de traf sich auf der Food Ingredients Europe 2017 in Frankfurt am Main mit der Geschäftsführerin Dr. Tina Tan, um mehr über ihre Motivation zur Expansion in Europa zu erfahren, gemeinsam Pandan-Kuchen zu probieren und die aktuellen Trends in der Aromenwelt kennenzulernen.

1. Amuse Gueule

LMV-online.de: Frau Dr. Tan, auf dem europäischen Markt für Geschmacksstoffe und Lebensmittelzusätze tummeln sich bereits eine Reihe von starken Anbietern, auch aus Deutschland, England und den USA. Was ist das Besondere an Ihrem Unternehmen?
Matrix Flavours & Fragrances beliefert schon seit fast 40 Jahren als familiengeführtes, malaysisches Unternehmen Kunden in Asien mit Aromen. Zu Zeiten der Firmengründung – im Jahr 1978 – gab es so gut wie keine asiatischen Anbieter für Aromen. Ende der Siebzigerjahre kamen die marktbeherrschenden Hersteller aus Europa, den USA; einige Wenige aus Japan. Ihre Aromen haben den Markt in Asien dominiert, aber die Geschmacksrichtungen waren einfach nicht authentisch. Sie hatten nichts mit unserem Essen und seinen normalen Geschmäckern gemeinsam. Das war unser Antrieb, die wahren Aromen für Kunden zunächst in Asien herzustellen. Als erstes Aromen-Haus aus Südostasien ist Matrix nicht als Spin-Off etablierter Hersteller entstanden, sondern hat quasi bei null angefangen, mit seinerzeit innovativen Ideen wie tropische, süße Geschmacksstoffe und hitzeresistente, backstabile Aromen. Nach nur vier Jahren konnten wir bereits unsere Technologie an ein britisches Aromen-Haus verkaufen. Das war für uns ein großer Erfolg.

Unser erklärtes Unternehmensziel lautet: Wir liefern unseren Kunden trendgerechte Produkte in hervorragender Qualität, hergestellt mit neuartigen Verfahren. Unseren Schwerpunkt setzen wir hauptsächlich auf Backwaren, Getränke und Milchprodukte, aber überprüfen diesen alle zwei bis drei Jahre. Vor allem Bereiche, in denen wir noch Entwicklungspotentiale sehen, werden dann stärker in den Fokus gerückt – ohne unsere erfolgreichen Produkte zu vernachlässigen. Derzeit verfügen wir über eine hohe Kompetenz bei süßen Aromen, aber auch bei Butter- oder Milchgeschmacksstoffen. Aktuell widmen wir uns zudem herzhaften Aromen wie Hühnchen oder Rind, die dann im Kochprozess den Geschmack des Gerichts noch verstärken.

2. Vorspeise

LMV-online.de: Kürzlich haben Sie in Antwerpen die erste europäische Dependance eröffnet. Verraten Sie uns ein bisschen was über Ihr Bestreben, die europäische Lebensmittel- und Getränkeindustrie selbst mit Aromen zu versorgen?
Seit 40 Jahren streben wir danach, Trends als erster Hersteller für die Industrie zu antizipieren. Auch wenn wir ein privatgeführtes Familienunternehmen sind, agieren wir wie ein großer Weltkonzern. Dazu gehört der hohe Anspruch an die Sicherheit von Lebensmitteln und ihre Qualität, den wir mit Zertifizierungen wie FSSC 22000, ISO 9001:2008, HACCP, Halal oder Koscher untermauern. Das zeigt einen großen Unterschied zum Wettbewerb und unterstreicht unsere Kundenfokussierung. Wir bedienen schon seit einigen Jahren Kunden hier in Europa, hatten aber nie ein eigenes Sales-Team vor Ort. Jetzt haben wir in Belgien ein Vertriebs- und Marketingbüro eröffnet, das den gesamten europäischen Markt abdecken wird. Davon erhoffen wir uns natürlich den Ausbau unseres Netzwerks aus Distributoren und Kunden, um unseren Marktanteil zu erhöhen. Normalerweise läuft es anders herum: Westliche Hersteller erobern im Osten der Welt neue Märkte. Wir sind die Gegenbewegung – „East goes West“, mit authentischen Aromen, die zu Hause Reiseerinnerungen wecken und mehr Exotik in die heimische Küche zaubern.

Zudem haben wir insbesondere für den europäischen Markt natürliche Aromen entwickelt. Wir sehen hier eine hohe Nachfrage, der Trend bewegt sich in diese Richtung. In Asien sind diese Produkte aus Preisgründen nicht so stark gefragt. Aber Nahrungsmittelproduzenten in Europa sind bereit, das entsprechende Geld für natürliche Inhaltsstoffe auszugeben, um die Bedürfnisse ihrer Kunden damit zu decken.

3. Zwischengang

LMV-online.de: Die Menschen suchen nach Abwechslung auf dem Teller, durch Fernreisen gehören asiatische Zutaten wie Ingwer oder Curry hier längst zum Alltag. Gibt es denn immer noch entscheidende Geschmacksunterschiede zwischen Europäern und Asiaten?
Fangen wir mit den Gemeinsamkeiten an: Geschmäcker wie Vanille, Schokolade, Erdbeer und Banane werden auf beiden Kontinenten dauerhaft gemocht. Wir kommen ins Spiel, wenn es um den wirklich asiatischen Geschmack geht oder hochtechnisierte Produkte wie beispielsweise unsere hitzebeständigen Aromen Emulco, die Vorteile in der Herstellung von Backwaren bieten.

Ich habe das Gefühl, dass die Welt immer kleiner wird – jeder reist heutzutage und wird dadurch immer weltoffener, auch was das Essen angeht. Alltägliche Geschmäcker wie Curry, Mango oder Litschi werden zur Normalität. Viele lieben die chinesische oder indische Küche, gerade sind südkoreanische und japanische Gerichte in Mode. Wir sind davon überzeugt, dass wir den europäischen Markt genau mit diesen exotischen Geschmacksrichtungen versorgen können. Denn wir verstehen, was den traditionellen asiatischen Geschmack ausmacht und adaptieren ihn für regionale Bedürfnisse in Europa. Andersherum gibt es in Europa eine Menge Spitzenköche, die ihrerseits die asiatischen Geschmäcker aufnehmen und auch neu erfinden – sie wiederum bringen ihre Kreationen nach Asien. Um die Frage zusammenfassend zu beantworten: Die Geschmacksvielfalt wird auf beiden Kontinenten größer, damit schmelzen Unterschiede dahin.

4. Hauptgang

LMV-online.de: Welche aktuellen Trends beobachten Sie und wie reagiert Ihr Unternehmen darauf?
Sowohl Kokos als auch Pandan haben eine lange Tradition in der asiatischen Küche. Aktuell ist Kokos der angesagte Geschmack weltweit, jeder liebt ihn. Ein neuer Hype entsteht gerade um Pandan, das sind die schwertförmigen Blätter des Schraubenbaumes, die frisch, aber auch leicht nussig schmecken. Gewöhnlich wird das ganze Blatt mitgekocht, das Aroma lässt sich aber auch beispielsweise in Süßigkeiten oder Kuchen einsetzen. So entsteht abseits vom allgegenwärtigen Vanille-Aroma eine neue Geschmacksrichtung und sorgt für Abwechslung. Wir bieten Pandan in flüssiger Form oder als Pulver für eine Vielzahl von Produkten an. Bei der Herstellung verflüchtigt sich bereits nach einer halben Stunde ein Großteil des Aromas in die Luft, sodass es schwierig ist, eine natürliche Version dieses Aromas – beispielsweise durch Trocknen der Blätter – zu gewinnen. Aber wir arbeiten auch hier bereits an einer Lösung.

Wie die beiden genannten Aromen werden andere Geschmäcker den Weg nach Europa finden. Ein weiteres Beispiel ist Soursop, eine zitrusartige Frucht, die voll von Antioxidantien und Vitaminen ist, süßsauer schmeckt und starke Erinnerungen an Asien weckt, beispielsweise in Getränken. Wir stecken eine Menge Zeit in den Bereich Forschung und Entwicklung und studieren akribisch potentielle, neue Märkte, um hier die lokalen Bedürfnisse kennenzulernen und Besonderheiten zu erfahren. Nur so können wir unsere Produkte für die einzelnen Länder anpassen, um letztendlich zufriedene Kunden zu gewinnen.

5. Dessert

LMV-online.de: Frau Dr. Tan, sie sind in Malaysia geboren und aufgewachsen, haben in Australien studiert, reisen geschäftlich um die ganze Welt. Welches ist Ihr persönlicher Lieblingsgeschmack und wer kann diesen am besten zubereiten?
Einen Lieblingsgeschmack an sich habe ich nicht – ich freue mich über die Vielfalt der Kulturen und die kulinarischen Besonderheiten jedes Landes. Mein Lebensmotto lautet: Probiere alles mindestens einmal aus! Wenn ich ein Land besuche, ist es mir wichtig, die dortige Küche zu kosten – denn vor Ort wird sie schließlich am besten zubereitet. Ich lasse mich davon oft beim Kochen zu Hause inspirieren und mische dabei neue Elemente mit lokalen Zutaten. Auch geschäftlich regen mich diese Fusionsgedanken an und wir entwickeln gemeinsam neue Geschmackskonzepte. Als Unternehmen legen wir aber auch Wert darauf, uns geschmacklich an die regionalen Vorlieben anzupassen. Mit diesem Modell sind wir sehr erfolgreich und konnten unseren Vertrieb bisher auf 55 Länder ausweiten.

Frau Dr. Tan, wir danken Ihnen für das - im wahrsten Sinne geschmackvolle und informative - Gespräch!