Nestlé Zukunftsstudie: Wie is(s)t Deutschland 2030?

Online bestellen, offline genießen

Gerhard Berssenbrügge und Renate Schmidt

Wenn Algen, In-Vitro-Fleisch und Insekten-Burger tiefgekühlt in Kisten nach Hause geliefert werden, dann könnte es sich um eine Online-Bestellung aus dem Jahr 2030 handeln. Denn nach der Nestlé Zukunftsstudie "Wie is(s)t Deutschland 2030?", die jetzt von TNS Infratest im Auftrag des Nestlé Zukunftsforum in Frankfurt vorgesellt wurde, steht die Mehrheit der deutschen Verbraucher Zukunftsszenarien wie diesen ausgesprochen offen und positiv gegenüber (80 Prozent). Wichtig ist ihnen dabei, in Zukunft Ressourcen zu schonen, werteorientiert einzukaufen und sich gesund zu ernähren.

Insgesamt halten es sechs von zehn Verbrauchern der Nestlé Zukunftsstudie zufolge für wahrscheinlich, dass Versorgungseinkäufe spätestens in 15 Jahren größtenteils online erfolgen. Gerne auch im Abonnement; bestimmt wird nur die Menge, der Inhalt wird vom Anbieter abwechslungsreich gestaltet (50 Prozent). Die zukünftige Rolle des stationären Handels sehen die Verbraucher in Inspiration durch Beratung und Verköstigung (61 Prozent).

"Ernährung wird zunehmend zu einer Frage der Weltanschauung. Die Verbraucher weisen Lebensmittelindustrie und -handel dabei einen klaren Arbeitsauftrag zu: den individuellen Bedürfnissen und Wertvorstellungen entsprechend, für eine nachhaltige und gesunde Ernährung zu sorgen. Die Nestlé Zukunftsstudie bietet eine repräsentative Basis, um die Diskussion über unser zukünftiges Ernährungs- und Einkaufsverhalten zu führen", sagt Gerhard Berssenbrügge, Vorstandsvorsitzender der Nestlé Deutschland AG.

"Zukunftsgestalter" sind Innovationen gegenüber besonders aufgeschlossen
12 Prozent der Verbraucher, die so genannten Zukunftsgestalter, zeigen sich besonders offen gegenüber innovativen Techniken, Ernährungsformen und Kochpraktiken. In dieser Gruppe sind sogar drei Viertel der Befragten der Überzeugung, dass das Gros der Lebensmitteleinkäufe online erfolgen wird und uns Apps beim Einkaufen helfen werden (74 und 73 Prozent). Für sie werden Mahlzeiten in Zukunft in der Regel unterwegs gekauft und verzehrt (57 Prozent), eher geliefert als selbst gekocht (56 Prozent) und Küchen dienen zu Hause nur noch zur schnellen Nahrungsaufbereitung. In-Vitro-Fleisch wird in dieser Gruppe fast von jedem Zweiten akzeptiert (47 Prozent).

Dabei sind Zukunftsgestalter mehrheitlich mittleren Alters, weiblich, besser gebildet, während der klassische Traditionalist (20 Prozent der Bevölkerung) über 50 Jahre alt ist, männlich und tendenziell über einen niedrigen Schulabschluss verfügt. Zukunftsgestalter wie Traditionalisten eint der Wunsch, Produkte entsprechend den eigenen Werten einzukaufen (64 und 50 Prozent). Ebenso sind beide der Überzeugung, dass Ernährung zu einem Statussymbol und Ausdruck des persönlichen Lebensstils wird (55 und 43 Prozent).

"Demographischer Wandel, sich verändernde Familienstrukturen, höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und ebenso höhere Anforderungen an Mobilität und Flexibilität werden Auswirkungen auf unsere Ernährungsgewohnheiten haben, sowohl auf das was, als auch auf das warum und wie wir essen", sagt Renate Schmidt, Vorsitzende des Nestlé Zukunftsforums und Bundesfamilienministerin a.D.

Verbraucher wollen Ressourcenschonung und gesunde Ernährung kombinieren
Fünf unterschiedliche Zukunftsszenarien, von Experten in einem Co-Creation-Prozess entwickelt, konnten die über 1.000 repräsentativ ausgewählten Verbraucher bewerten. Dabei fand ein Szenario, das Ressourcenschonung und eine gesunde Ernährungsweise kombiniert, besondere Zustimmung (65 Prozent). Als Symbiose zwischen Genuss und Rücksicht auf Tier und Natur, wird dann auch In-Vitro-Fleisch aus dem Reagenzglas von mehr als jedem dritten Befragten akzeptiert (36 Prozent).

"Es wird nicht die eine Zukunft geben, sondern es werden unterschiedliche Entwürfe und auch Hybrid-Formen der in der Studie skizzierten Szenarien existieren. Ernährung wird so zunehmend zum Spiegel eines individuellen Lebensstils", sagt Jens Krüger, Geschäftsführer von TNS Infratest. "Die zu beobachtende stärkere Werteorientierung im Zusammenhang mit Essen und Ernährung wird auch Fragen beim Konsumenten aufwerfen. Hier wird es darum gehen, Aufklärung zu leisten und den Dialog zum Verbraucher weiter zu intensivieren."

Platz zwei und drei mit jeweils 62 Prozent belegen in der Studie zwei Szenarien, die reflektierten Genuss und das Gemeinschaftserlebnis beim Essen ins Zentrum stellen. Im ersten Szenario wird Ernährung nach einem individuellen Gesundheitsprofil per Apps oder personalisierten Armbändern ausgerichtet. In dem anderen Szenario werden Lebensmittel des täglichen Bedarfs in der Regel online bestellt und geliefert. Supermärkte und Spezialitätengeschäfte dienen nur noch der Anregung, um neue Produkte kennen zu lernen. Gekocht wird immer weniger zu Hause, sondern gemeinsam in Großküchen in der Nachbarschaft.