Lebensmittelforum Bremerhaven zeigt kreative Wege für nachhaltige Ernährung

Mehr als 100 Teilnehmende vor Ort und digital

Gut besuchtes Lebensmittelforum 2021: Mehr als 100 Teilnehmende vor Ort und digital

„Wer drei vegane Gäste am Esstisch zu versorgen hat, der weiß, wie schnell sich der Lebensmittelmarkt verändert“, brachte Nils Schnorrenberger, Geschäftsführer der BIS-Wirtschaftsförderung, den aktuellen Status der Lebensmittelindustrie in seiner Begrüßung auf den Punkt. Die Ernährungsbranche ist im Umbruch. Pflanzliches Eiweiß als Fleisch- oder Fischersatz, Umwelt- und Klimaschutz, Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen - beim Lebensmittelforum Bremerhaven haben im September 2021 rund 100 Experten vor Ort und online aus ganz Deutschland die neuesten Trends und Perspektiven diskutiert und präsentiert. Bereits zum 6. Mal war damit das Lebensmittelforum Bremerhaven der Anlaufpunkt für führende Köpfe aus Geschäftsleitungen, von Verbraucherinitiativen, Forschungs-Instituten, Nachhaltigkeitsteams und Startups. Mit der einzigartigen Mischung aus Kreislaufwirtschaft, regionaler Lebensmittelproduktion und innovativen Ideen vom essbaren Löffel bis zur digitalen Produktinformation ist die Veranstaltung erneut ein zentraler Impulsgeber für die deutsche Lebensmittelbranche.

„360 Grad Grün. Innovationen für eine zukunftsfähige Lebensmittelbranche“ - mit dem Veranstaltungstitel als Steilvorlage stieg der bekannte Futurologe Max Thinius in den Kongresstag ein. „Lebensmittel sind der Motor der Zukunft“, so seine Aussage. Neue und andere Jobs, technische Lösungen durch Digitalsierung, nachhaltige Kundenbindung durch Transparenz - diese Faktoren sieht Max Thinius als prägend für die zukünftige Lebensmittelbranche. „Wenn ich im Supermarkt über eine App auf dem Smartphone alle Parameter des Lebensmittels auslesen kann, dann entscheide ich selber über meinen Beitrag zum Umweltschutz und damit zur Nachhaltigkeit“, betonte Thinius. Zu dieser Transparenz gehört auch eine nachvollziehbare Kreislaufwirtschaft.  Michael Kundt, Geschäftsführer bei CSP und Experte für nachhaltige Wertschöpfungsketten: „Man kann Kreislaufwirtschaft nicht allein machen, sondern braucht dafür eine Kette: Dorf, Stadt, Region, Land.“ Dafür seien dezentrale Strukturen in der Lebensmittelproduktion notwendig, die auch für eine größere Artenvielfalt in der Natur sorgten. „Gleichzeitig erzeugen wir dadurch weniger Abfall“, erklärte Kundt. „Der Abfall des einen kann der Rohstoff des anderen sein.“ Beispiele dafür seien Aquaponik-Anlagen - die Mischung aus Aquakultur und Pflanzenzucht - die mit Lebensmittelabfällen betrieben würden. „Die Europäische Union stellt für die Circular Economy 500 Millionen Euro an Förderung in 2022 bereit. Wer sich bewerben will, kann jetzt dabei sein.“

Wie wichtig die möglichst effektive Nutzung von Lebensmitteln und Ressourcen ist, verdeutlichten Linda Böhm und Martin Schüring vom Bremerhaven Technologie Transferzentrum (TTZ). „Wir nutzen insgesamt nur 12 verschiedene Nutzpflanzen und 14 verschiedene Nutztiere für 98 Prozent der Welternährung“, erklärten die beiden Lebensmittelexperten.“ Die Folge seien unter anderem Monokulturen, ausgelaugte Böden, Massentierhaltung und weite Lieferwege für Lebensmittel. „Regionalität kann da Abhilfe schaffen und auch für gesunde Lebensmittel sorgen.“ Beispiele dafür seien regionale Betriebe mit eigener Käseherstellung oder ehemalige Schweinemasthöfe, die in den Ställen jetzt Speisepilze züchteten. „Als Substrat dafür dienen unter anderem die feinen Sägeabfälle aus örtlichen Tischlereien. Das ist die perfekte Kreislaufwirtschaft“, betonten Böhm und Schüring.

Während Lena vom Stein, Sustainability Mangagerin bei Metro, über neues Verpackungsdesign mit möglichst wenig Plastik und digitale Wasserzeichen auf Verpackungen für optimale Kundeninformation sprach, referierte Berend Erling von Roland Beans über das Potenzial der Ackerbohne als regionales Anbauprodukt und pflanzliche Eiweißquelle in der Lebensmittelproduktion - beispielsweise auch für Fleisch- und Fischersatz. „Der Proteingehalt der Ackerbohne liegt natürlicherweise bei 60 Prozent. Andere Hülsenfrüchte haben gut 30 Prozent“, erklärte Erling. Genau hier hakte Naime Schimanski von der Rügenwalder Mühle mit ihrem Vortrag zur fleischlosen Produktstrategie des Wurstwarenherstellers ein. „2014 haben wir erste Schritte zur Fleischwurst aus pflanzlichen Proteinen gemacht. Inzwischen sind 60 Prozent unserer Produkte vegan.“ Die Akzeptanz durch den Verbraucher sei definitiv vorhanden und ein Grund für die Produktumstellung sei der dadurch sinkende CO2-Fußabdruck des Unternehmens. Naime Schimanski: „Ernährung ist der Hebel zur Erreichung der Klimaschutzziele und den können wir alle bedienen.“