Business-Lunch mit Gunther Walden, Bereichsleiter Nahrungs- und Genussmittel bei Siemens

Vier Gänge mit fünf Fragen

Gunther Walden

Gunther Walden kann schon auf ein Vierteljahrhundert bei Siemens zurückblicken. Nach dem Studium stieg er hier als Trainee ein und hat seitdem viele Stationen im Unternehmen absolviert. Seit 2004 ist der Wirtschaftsingenieur als Leiter für den Bereich Nahrungsmittel und Getränke bei Siemens in Nürnberg verantwortlich. LMV-online.de sprach mit ihm exklusiv auf der Anuga Foodtec 2015 in Köln.

1. Amuse Gueule
LMV-online.de: Was will man mehr: ein voller Siemens-Stand auf dem Branchenevent des Jahres. Was hat Siemens in diesem Jahr für die Besucher vorbereitet?

Für Siemens ist die Anuga Foodtec eine gute Möglichkeit, von den Herausforderungen der Kunden her zu agieren. Das bedeutet, dass wir Lösungen zeigen, die unsere Kunden bei der Lösung ihrer Herausforderungen unterstützen. Ein Beispiel dafür ist das Thema Energiedatenmanagement. Hier können wir unseren Kunden Transparenz über alle Arten der Energieverbräuche in ihrer Produktion liefern. Mit diesem Wissen haben sie dann die Möglichkeit, den Energieverbrauch gezielt zu beeinflussen bzw. zu reduzieren.

Ein anderes Thema ist Simulation. Mit unserem Produkt Simit kann schon während der Programmierung überprüft werden, ob das Programm auch die Aufgaben erfüllt, die der Prozess fordert. Der Vorteil ist, dass man sich Engineeringzeit spart. Der Zeitraum für die Inbetriebnahme wird reduziert, die Programme weisen weniger Fehler auf. So werden Zeit und dadurch auch Kosten eingespart.

Ein weiteres Highlight am Stand ist unser Line Monitoring System (LMS), mit dem die Effizienz von Produktionslinien unserer Kunden optimiert und gesteigert werden kann. Wir schaffen hier eine Transparenz über die Prozesse, die in der Linie stattfinden, und identifizieren so potenzielle Engpässe und Störungen. Mit diesen Daten kann der Betreiber Maßnahmen ergreifen, um die Effizienz der Anlage zu erhöhen und Stillstandzeiten zu reduzieren.

2. Vorspeise
LMV-online.de: Mit „Totally Integrated Automation“ (TIA) bietet Siemens durchgängige Automatisierungskonzepte für die Industrie. Die größten Pluspunkte für Anlagenbetreiber in der Lebensmittelindustrie sind?

Mit TIA und dem Engineering Framework TIA-Portal bieten wir unseren Anwendern die komplette Automatisierung vom vollständigen Engineering bis zur Überwachung. Zum Beispiel lassen sich im Betrieb per durchgängiger Diagnose sehr schnell der Zustand aller Teile der Anlage erfassen und Fehler identifizieren. Damit lassen sich bei auftretenden Störungen Stillstandzeiten in der Produktion reduzieren. Ein weiterer Vorteil von TIA ist der Investitionsschutz. Das TIA-Portal kann zur Anlagenerweiterung genutzt werden, indem bestehende Anlagenteile mit integriert werden, um dann auch im Nachgang weiterhin ein durchgängiges System zu haben. Letztendlich ist es ein Framework, das eine Oberfläche für alle in TIA integrierten Automatisierungsprodukte, wie Simatic S7-Steuerungen, Motoren, Umrichter, Prozessinstrumentierung, Kommunikation, etc. darstellt.

3. Zwischengang
LMV-online.de: Der Kosten- und Leistungsdruck auf die Lebensmittelhersteller nimmt stetig zu. Siemens bietet u. a. als Lösungsansatz aufgabenbezogene Transparenz und Entscheidungshilfen für Bediener, Schichtführer, Produktionsleitung und Management, an. Könnten Sie dazu ein konkretes Beispiel anführen?

Das beste Beispiel hierfür ist das schon angesprochene Line Monitoring System, mit dem die Anlage überwacht wird. Der Bediener hat während der laufenden Produktion alle wichtigen KPIs direkt sichtbar: Je Produktionseinheit wird angezeigt, ob die Produktion die erforderlichen Qualitätsmerkmale aufweist oder nicht. Dadurch werden eventuelle Probleme in Echtzeit identifiziert und nicht erst wenn das Produkt fertig ist. Mit diesen Informationen können unsere Kunden schnell reagieren und damit Kosten sparen.

Auch die Produktionsleitung profitiert von dem System. Sie kann hiermit die Produktivität der Linie kontinuierlich erhöhen. Durch entsprechende Analysetools können die Engpassmaschinen erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, um hier den Durchsatz zu erhöhen, was sich wiederum positiv auf die Gesamtproduktivität auswirkt. Das Management ist üblicherweise an einem Benchmarking-Tool über alle Produktionsstandorte hinweg interessiert. Durch den Vergleich von Produktivitäts- oder auch Energiekennzahlen ähnlicher Produktionsanlagen wird schnell deutlich, wo der größte Hebel für Verbesserungen liegt. Um das nochmal allgemein zusammenzufassen: Wenn man je Produktionsschritt die Qualität in Echtzeit transparent darstellt, generiert das Unternehmen weniger Ausschuss, erzielt eine bessere Energieeffizienz, steigert so die Produktivität und reduziert die Kosten.

4. Hauptgang
LMV-online.de: Durch branchenspezifische Bibliotheken sagt Siemens Engineering-Effizienz-Steigerungen um mindestens 20 Prozent voraus. Was genau verbirgt sich dahinter und was genau bringt der Einsatz für Food & Beverage Unternehmen?

Siemens setzt Standardprodukte wie unser Prozessleitsystem Simatic PCS 7 branchenübergreifend ein. Dadurch können wir weltweit unter anderem die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und zertifizierten Solution Partnern sicherstellen. Mit unseren Bibliotheken und Templates geben wir den Standardprodukten branchenspezifische Funktionalitäten.  So haben wir für die Milchindustrie Bibliotheken vordefiniert, die Funktionen enthalten, die in jeder Molkerei benötigt werden: ein Transfer-, Tank- oder Rohrleitungsmanagement.

Beim Transfermanagement wird automatisch sichergestellt, dass nur durch den Prozess freigegebene Transfers durchgeführt werden können. Dadurch verhindern wir die ungewollte Vermischung von Milch unterschiedlicher Qualität. Beim Tank- und Rohrleitungsmanagement gibt es entsprechend den CIP-Anforderungen vordefinierte Regeln, wann und auf welche Weise Rohre und Tanks gereinigt werden müssen. Automatisiert gesteuerte Vorgänge erhöhen die Anlagen- und Prozesssicherheit.

Der Systemintegrator muss diese Funktionalitäten nicht mehr von Grund auf neu programmieren, sondern kann auf unsere Bibliotheken zurückgreifen. Diese müssen dann nur noch parametriert und entsprechend miteinander verschaltet werden. Der große Vorteil liegt in den geprüften und getesteten Bausteinen. Die Fehlerrate ist hier deutlich niedriger und der Programmieraufwand verkürzt sich wesentlich. So werden Kosten gespart. Zudem gibt es im Servicefall eine klare Struktur, die Probleme einfacher identifiziert und lösen lässt. Auch Anlagenerweiterungen lassen sich besser integrieren, wenn man auf dokumentierte Standardbausteine zurückgreifen kann.

5. Dessert
LMV-online.de: Anuga Foodtec Zeit ist Ausnahmezeit. Die wievielte Anuga Foodtec ist dies in Ihrem Berufsleben und was ist für Sie persönlich ein kulinarisches Highlight nach einem anstrengenden Messetag?

Seit zwölf Jahren bin ich auf der Anuga Foodtec, das hier ist also meine vierte Messebeteiligung. Die Qualität der Besuche ist hoch, es sind viele Branchen anwesend und der Fokus auf liegt auf der Produktion von Lebensmitteln. Wenn so ein Messetag rum ist, freue ich mich immer auf regionale Spezialitäten. Hier in Köln gehört selbstverständlich ein Kölsch dazu und ich glaube, heute Abend werde ich das lokale Gericht „Broodworscht mit Bratkartoffeln & Kraut“ genießen.

Vielen Dank für das Gespräch!