Studie: Innovationsfähigkeit in der Lebensmittelindustrie

Zulieferer und Nahrungsmittelhersteller sind bei Strategie und Prozessen gut aufgestellt

Befragte Unternehmen nach Branchenherkunft DLG

Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft DLG hat in einer umfassenden Studie untersucht, welche Bedeutung Innovationen für das Wachstum der deutschsprachigen Lebensmittel- und Zulieferindustrie haben und welche Aktivitäten in den Bereichen Organisation, Führung, Unternehmenskultur, Methodeneinsatz und Prozesse für die Unternehmen relevant sind. In Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Prof. Dr. Doßmann fand die DLG heraus, dass Innovationen für rund 90 Prozent der Unternehmen eine unabdingbare Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit sind. Basis der Studie sind 106 Unternehmen, die an der Befragung teilnahmen.

Ein weiterer Teil der Studie beschäftigte sich mit möglichen Hürden, Evaluationsmöglichkeiten und ungenutzten Verbesserungspotenzialen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Unternehmen der Lebensmittel- und Zulieferindustrie in den Bereichen Strategie und Prozesse gut aufgestellt sind. Es gibt allerdings Verbesserungspotenziale in Bezug auf die Kundenintegration, den Methodeneinsatz und das Technologie-Scouting. Außerdem stellen organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen häufig Hemmnisse im Innovationsprozess dar.

Die Nahrungsmittelbranche ist europaweit die mit Abstand größte Einzelindustrie. In Deutschland ist die Lebensmittelindustrie inklusive Handel die viertgrößte Branche mit einem jährlichen Umsatzvolumen von 175 Milliarden Euro. Zählt man die Jahresumsätze der deutschen Landwirtschaft mit 30 Milliarden Euro und den Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinenbau mit zwölf Milliarden Euro dazu, kommt der Sektor auf Platz zwei des Branchenrankings.

„Die Größe, ihre ökonomische Bedeutung sowie die internationale Verzahnung sind wichtige Gründe, warum sich die Lebensmittel- und Zulieferindustrie mit dem Thema Innovation dauerhaft auseinandersetzen muss“, unterstreicht der Leiter der Studie, Prof. Dr. Michael Doßmann), die Bedeutung eines strategischen Innovationsmanagements. Denn die Branche ist einem technologischen Wandel unterworfen. Erkennbare Impulse kommen aus den Bereichen Biotechnologie, Gentechnik, Verpackungstechnologie, Robotik und der Automatisierungstechnik mit ihrem Megatrend Industrie 4.0. Auch auf der Kunden- und Marktseite sind Trends erkennbar, die die Branche tiefgreifend verändern können: Das Internet öffnet neue Marktplätze, gesunkene Logistikkosten und schnelle Transportwege lassen Märkte zusammenwachsen und verschärfen den Wettbewerb. Neben der Erschließung neuer Märkte und der Wahrnehmung neuer Kundenbedürfnisse verändern sich auch die Gewohnheiten in angestammten Märkten.

Wachstumstreiber Innovationen
Für über 90 Prozent der Befragten sind Innovationen als Wachstumstreiber von Bedeutung. Dabei verfolgen die Unternehmen verschiedene Innovationsstrategien. Die häufigste Strategie ist mit rund 42 Prozent die des Fast Followers, gefolgt von den Innovationssuchern mit 40 Prozent. Die wichtigsten Innovationsziele sind die Steigerung des Kundennutzens und die Qualitätsverbesserung. Eine Differenzierung im Markt strebt nur ein Drittel der befragten Unternehmen an. Hier besteht ein erheblicher Nachholbedarf. Innovationssucher unterscheiden sich von den übrigen Teilnehmern, sie streben eher nach der Verbesserung des Kundennutzens, wollen neue Märkte mit Innovationen erschließen und beschäftigen sich weniger intensiv mit Renovationen (Line Extensions).

Rechtliche und organisatorische Hürden behindern Innovationen
Als wichtige Hemmnisse und Barrieren, die sich negativ auf die Innovationsleistungen auswirken, werden Marktrisiken, technische Risiken, Probleme in der Finanzierung sowie organisatorische Probleme genannt. Innovationssucher sehen die Herausforderungen und Risiken kritischer als der Durchschnitt der Befragten. Rechtliche Rahmenbedingungen gelten ebenfalls als Barriere. Innovatoren bewegen sich häufig in Rechtsgebieten, die für die gängige Praxis geschaffen wurden und stoßen deshalb an Grenzen.

Eine frühe Einbindung der Behörden ist vor diesem Hintergrund empfehlenswert. Auch organisatorische Aspekte können Probleme für ein gezieltes Innovationsmanagement darstellen. Vor allem mittelständische Unternehmen verfügen häufig nicht über entsprechende Strukturen oder Kapazitäten. Eine gezielte Personalentwicklung im Innovationsbereich könnte hier Abhilfe schaffen. Wirtschaftliche und technologische Rahmenbedingungen haben ebenfalls einen großen Einfluss auf das Innovationsverhalten von Unternehmen. Sich verändernde oder schwierige Rahmenbedingungen können Innovationen auslösen oder auch deren Kommerzialisierung verhindern.

Technologische Rahmenbedingungen
Technologien entwickeln sich in der Lebensmittel- und Zulieferindustrie exponentiell. Wichtige Technologien sind die Bio-, Nano- und die Verpackungstechnologie sowie die Robotik und die Automatisierungstechnologie, hier vor allem der Ansatz der Industrie 4.0. Eine dynamische Technologieentwicklung führt häufig zu neuen Anwendungen bzw. verändert den Wettbewerb durch neue Funktionalitäten, Services und optimierte Produktionskosten. Die Studie untersuchte, wie die technologischen Rahmenbedingungen von den Unternehmen eingeschätzt werden. Diese werden von den Unternehmen allerdings eher konservativ bewertet. Nur 20 Prozent der befragten Unternehmen sind davon überzeugt, dass neue Technologien zu neuen Geschäftsmöglichkeiten führen. Noch kritischer wird das Aufkommen von disruptiven Technologien gesehen.

Disruptive Technologien sind neue Technologien, die bekannte Technologieplattformen überflüssig werden lassen und entscheidende Verbesserungen bringen. „Da nur wenige Unternehmen ein branchenübergreifendes Technologie-Scouting betreiben und auch nur wenige Forschungseinrichtungen sich mit diesem Themenfeld beschäftigen, ist es nicht überraschend, dass Unternehmen sich relativ wenige Impulse aus neuen Technologien erhoffen“, zeigt Prof. Doßmann mögliche Gründe für die Zurückhaltung der Unternehmen auf. Trotzdem gehen rund 25 Prozent der befragten Unternehmen von einer dynamischen Technologieentwicklung in der Lebensmittel- und Zulieferindustrie aus. Der B2B-Bereich sieht sich dabei deutlich technologiegetriebener als der B2C-Bereich.

Kundenintegration, Methoden, Technologie: Optimierungspotenziale vorhanden
Die Studie zeigt, dass auf dem Gebiet des Innovationsmanagements Licht und Schatten herrschen. In den Bereichen Strategie, Prozesse und Methoden sind viele Unternehmen auf dem neusten Stand des Wissens. Trotzdem gibt es in den frühen Phasen des Innovationsprozesses Verbesserungspotentiale in Bezug auf die Kundenintegration, den Methodeneinsatz und das Technologie-Scouting. Inside-Out-Aktivitäten, wie die Gründung von Spin-offs, die Auslizensierung von Patenten, die Beteiligung an Venture Capital Programmen sowie die Suche nach zukünftigen Technologien und Kundenbedürfnissen sind noch ausbaufähig.

„Die Branche ist hier bis auf wenige Ausnahmen kaum aktiv, obwohl es bereits viele Dienstleister im Bereich des Technologietransfers sowie in Patentverwertungsgesellschaften gibt. Auch die Interaktion mit Kunden, Lieferanten und der Wissenschaft sollte intensiviert werden“, zeigt Doßmann Optimierungspotenziale auf. „Innovieren und Lernen sind Herausforderungen, die nicht einsam am Schreibtisch erfolgreich betrieben werden können. Dafür ist ein professionelles Netzwerk an Partnern notwendig.“

Weitere Verbesserungspotenziale sieht die Studie in der systematischen Implementierung eines Ideenmanagementsystems, der Nutzung von Lösungsplattformen im Internet, branchenübergreifenden Netzwerken sowie der Suche nach Lösungen in anderen Branchen (Cross-Industry-Innovation). Auch die Etablierung eines Portfoliomanagements sollte von den Unternehmen stärker vorangetrieben werden. Denn die Mehrheit der befragten Unternehmen setzt im Innovationsbereich wenig auf Controlling basierte Entscheidungen. Dies bedeutet, dass Ressourcen nicht eindeutig zugewiesen sind und selten rechtzeitig von wenig erfolgreichen Projekten auf vielversprechende Projekte verlagert werden können.

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